Nader und Simin - Eine Trennung

Drama, Iran 2011, 123 min

Iran. Eine Frau will sich scheiden lassen. Der Grund: Sie will ins Ausland gehen, aber ihr Mann will nicht mit, da er sich um seinen alten Vater kümmern muss. Sie findet: „Mein Kind soll nicht unter diesen Umständen aufwachsen.“ Frage des Richters: „Unter welchen?“ Schweigen, betretene Blicke. Dann das Fazit des Richters: „Ich habe den Eindruck, dass es etwas Belangloses ist.“
So beginnt ein Film, der bei der Berlinale für Enthusiasmus gesorgt hat und den Goldenen Bären sowie Silberne Bären für die Schauspieler abräumte. Die Situation im Iran - vor allem auch für Filmemacher - ist bekannt: Es herrschen Gewalt, Willkür und Unterdrückung.
Der Film folgt in jeder Szene der Haltung „Das Private ist politisch“. Gleichzeitig typisch iranisch und absolut allgemeingültig, das ist das Bemerkenswerte an »Nader und Simin«. Der Eingangsszene beim Familienrichter folgen die Konsequenzen der Ablehnung des Scheidungsgesuchs: Simin verlässt ihren Mann Nader, um bei ihren Eltern zu leben. Die Tochter Termeh will beim Vater bleiben. Für den Opa muss jemand gefunden werden, der ihn tagsüber betreut, das machte zuvor Simin. Doch die Neue, die strenggläubige Razieh im langen Tschador, ist überfordert. Sie lässt den Alten allein, was zum Eklat führt. Nader glaubt, sie habe außerdem Geld gestohlen, er will, dass sie sofort geht. Es kommt zum Streit, zur Rangelei. Am Abend erleidet Razieh eine Fehlgeburt, angeblich weil Nader sie die Treppe herunter stieß. Nader kommt ins Gefängnis wegen Mordes. Simin und Termeh sind verunsichert, ob er wirklich von der Schwangerschaft nichts wusste, wie er versichert. Simin möchte am Liebsten alles schnell erledigen und ihr Auto verkaufen für das Blutgeld. Denn der unberechenbare und jähzornige Mann Raziehs bedroht ihre Tochter Termeh und auch deren Lehrerin, die eine Aussage vor Gericht machte. Doch Nader will sich kein Schuldeingeständnis abpressen lassen.
Völlig gebannt verfolgt man die Verstrickungen der Protagonisten und ihre Versuche, die Situation zu lösen. Die elfjährige Termeh spielt hier eine zentrale Rolle, da sie besonders von ihrem Vater zur Wahrhaftigkeit erzogen wird - immer wieder fragt sie ihn aus, was passierte und warum er so handelte. Immer wieder wird argumentiert: Wenn du nicht weggegangen wärst, wäre diese Frau nie zu uns gekommen… Die verfahrene Situation der Eltern, der Wunsch Termehs, wieder mit beiden zusammen zu leben, aber auch Razieh und ihr schwieriger Mann: Die Kamera ist dicht an den Menschen dran, lässt ihre Seelennöte spürbar werden. Das herausragende Drehbuch erfordert die Aufmerksamkeit des Zuschauers, und die Schauspieler schaffen es allesamt, dass man mitgeht und diese sehr emotionale Geschichte miterlebt - aus nächster Nähe, egal wie weit weg der Iran scheint.
Petra Wille

Buch: Asghar Farhadi

Regie: Asghar Farhadi

Darsteller: Leila Hatami, Peyman Moadi, Shahab Hosseini, Sareh Bayat, Sarina Farhadi, Babak Karimi

Kamera: Mahmoud Kalari

Musik: Sattar Oraki

Produktion: Asghar Farhadi

Bundesstart: 14.07.2011

Start in Dresden: 14.07.2011

FSK: ab 12 Jahren