Take Shelter - Ein Sturm zieht auf

Der 33-jährige US-Filmemacher Jeff Nichols macht wieder großes Kino. Nach »Shotgun Stories«, einem Epos über den Sinn von Rache in Cinemascope, kommt jetzt eine Geschichte über eine Familie im ländlichen US-Amerika ins Kino. Von Anfang an ist klar: Es stimmt was nicht, da braut sich was zusammen - über der Familie, der Gemeinschaft, dem Ort. Es ist ein Sturm mit Regen in braunen Tropfen - ein dräuender Himmel mit gewaltigen Wolken, der zunächst nur Familienvater Curtis ängstigt. Denn der erlebt das alles nur in seinen Träumen. Auch die Angriffe auf sich und sein Kind haben nicht wirklich stattgefunden, aber eine geträumte Bisswunde schmerzt den ganzen Tag.
Curtis ist beunruhigt. Wird der Hund in der Realität angreifen? Wird ein Tornado sie alle bedrohen? Seine Angst steigert sich und er ist sich sicher: Er muss sich schützen. Er baut dem harmlosen, von seiner gehörlosen Tochter geliebten Hund einen Käfig. Und für die Familie einen Schutzraum im Garten. Gleichzeitig hat er große Zweifel an seiner geistigen Gesundheit und sucht einen Arzt auf. Seiner Frau kann er sich nicht richtig anvertrauen, und Geldsorgen lasten zusätzlich auf der Familie.
So wie Curtis schwankt man beim Zuschauen und weiß oft nicht: Ist das jetzt echt? Träumt er? Bildet er sich das ein? Auch wenn bald klar ist, dass Curtis - bereits mit Vorgeschichte in der Familie - krank ist, so ist doch die Bedrohung für seine Familie eine viel weitreichendere: Sein Job ist in Gefahr, für den Schutzkeller nimmt er einen riskanten Kredit auf und ein Ohr-Implantat für seine Tochter ist vielleicht doch nicht mehr zum Greifen nahe.
In großen Bildern und mit großer Intensität wird hier eine spannungsreiche Geschichte erzählt, fast wie ein Thriller, weit entfernt von Sozialkitsch und Schizophrenie-Drama. Michael Shannon (auch schon in »Shotgun Stories« dabei) nimmt man jede Sekunde ab, sowohl den besorgten Familienvater, als auch den irritierten Träumer und ebenso den Wahnsinnigen, der den Umstehenden eine große Katastrophe predigt.
Kamera und Postproduktion haben mit den heraufziehenden Wolken, dem dunklen Gewitterhimmel und riesigen Vogelschwärmen hervorragende Arbeit geleistet und zusammen mit der Musik einen Film geschaffen, der genau hier hingehört: auf die Kinoleinwand.
Petra Wille