Guilty of Romance

Drama, Japan 2011, 150 min

Zwei Frauenleichen liegen im schmutzigsten Teil des Tokioter Rotlichtmilieus; Todeszeitpunkt lange vor Beginn des ausgeprägten Madenbefalls und die aufmerksam dreinschauenden Beamten registrieren höflich, dass bei der ersten nur der Teil vom Nabel aufwärts bis zum Hals und bei der zweiten nur der Unterleib aus Fleisch und Blut sind, der Rest wurde mithilfe von Schaufensterpuppen ergänzt. Kein Kopf, keine Extremitäten, keine Vagina. Die folgenden vier Kapitel dieser unglücklichen Romanze vermeiden es aufs Sorgsamste, den Schrecken des Prologs zu wiederholen, führen aber wie nebenbei in viel tiefere Abgründe seelischer Entleibung. Izumi, die Ehefrau eines berühmten Schriftstellers, verbringt ihre Tage auf höchst monotone Art und Weise im ehelichen Gefängnis, dessen Gitterstäbe aus immer gleichen Ritualen bestehen, deren Beschreibung in dem Wort Leibeigenschaft am ehesten zusammengefasst werden könnte. Dass sie einen Teilzeitjob im Supermarkt wie den rettenden Strohhalm ergreift, scheint einleuchtend und führt sie über ein, zwei kleine, mutige Schritte zu einer Model-Agentur, die ganz unverblümt mit Sex-Videos der harmlosen Art ihr Geld verdient. Izumi lässt also ihre Hüllen fallen - Gelegenheit dazu hat sie, vor 21 Uhr kehrt ihr Mann niemals heim - und verwandelt sich zu einer Belle de jour. Aber noch wirft ihre Gestalt einen Schatten und das Adagietto von Gustav Mahler illustriert noch keine wahrhaftige Tragik. Erst als die Literaturdozentin und Profi-Hure Mitsuko ihren Weg kreuzt, nimmt die Dunkelheit bedrohlich zu in Izumis Leben. Ganz offensichtlich sind die Frauen zwei Wesensverwandte, fest mit einander verbunden wie die beiden Enden einer Kerze, welche mit zwei Flammen brennt. Sie kommen sich immer näher… Bliebe Prostitution nur ein Wort, niemand müsste sich vor Izumis Tränen fürchten. Aber so gesellt sich zu dem Wort ein Körper, blutig und geschunden, und das dargestellte Leid vermag unter Umständen auch dem Zuschauer Schmerzen zuzufügen.
Alpa Kino

Buch: Shion Sono

Regie: Shion Sono

Darsteller: Miki Mizuno, Makoto Togashi, Megumi Kagurazaka, Kandji Tsuda, Ryo Iwamatsu, Ryuju Kobayashi

Kamera: Sohei Tanikawa

Musik: Yasuhiro Morinaga

Produktion: Django Film, Nikkatsu, Yoshinori Chiba, Nobuhiro Iizuka

Bundesstart: 19.07.2012

Start in Dresden: 13.09.2012

FSK: ab 18 Jahren