Begrabt mein Herz in Dresden

Dokumentation, Deutschland 2012, 90 min

Edward Two Two, der Häuptling der Lakota-Sioux, ist Anfang des 20. Jahrhunderts nicht ganz freiwillig nach Europa gekommen, aber er wollte für immer bleiben: Auf einem vergilbten Dokument ist noch heute zu lesen, dass er sich ausdrücklich wünschte, in Dresden begraben zu werden.
Seine Lebensgeschichte und eine Annäherung an seinen ungewöhnlichen letzten Willen führen den Zuschauer in das heutige Pine Ridge Reservat, eine der ärmsten Regionen der USA. Hier leben noch einige der Nachfahren Edward Two Twos und hierher reisen auch Jahr für Jahr Touristen aus Europa. Einige Europäer haben sich sogar dafür entschieden, für immer da zu bleiben. Hier war Edward Two Two Ende des 19. Jahrhunderts inmitten der Prärie aufgewachsen, hier erlebte er die dramatischen Veränderungen im Leben seines Stammes, und von hier aus wurde er 1910 nach Europa gebracht, um in den Völkerschauen des Zoos Hagenbeck und später in den Wild West Shows großer Zirkusse das Traum- und Klischeebild der Europäer vom echten Indianer zu erfüllen.
In traditioneller Kleidung, mit Federhauben auf dem Kopf mussten die Indianer sich selbst spielen, während sie in ihrer Heimat längst unterdrückt und verfolgt wurden. In Europa waren sie eine Sensation und prägten unfreiwillig einen Mythos, der bis heute nichts von seiner Anziehung verloren hat.
Während Edward Two Two in seiner Heimat mit Gewalt seiner indianischen Identität beraubt wurde, bekam er im fernen Dresden die Chance der zu sein, der er war: Ein Chief der Lakota-Sioux. Er muss gespürt haben, dass zu diesem Zeitpunkt Europa für ihn der einzige Ort sein würde, seine Identität zu leben. Auch wenn er hier als Attraktion einer choreographierten Show lediglich die Erwartungen der Europäer erfüllten musste. Das Publikum flüchtete sich in eine Illusion - und er flüchtete mit. Der Zirkus Sarrasani war seine zweite Heimat geworden. Doch was hält heute Europäer im Reservat, einem Ort, der mit ursprünglich indianischem Leben nur noch wenig zu tun hat? Was finden sie hier, was sie in Europa nicht leben konnten? Mit ihnen spürt der Film dem tiefen Grund eines europäischen Phänomens nach und wird außerdem zeigen, welche Kraft eine Sehnsucht haben kann - heute wie vor 100 Jahren.

Regie: Bettina Renner

Kamera: Ralf Noack

Bundesstart: 07.06.2012

Start in Dresden: 07.06.2012