Fraktus

Drama, Deutschland 2012, 95 min

Kaum jemand wird sich an sie erinnern, aber so ist das ja oft mit der Avantgarde, mit denen, die ihrer Zeit unendlich voraus sind. Doch eins steht fest: Ohne Fraktus hätte es Techno nie gegeben. Einige der späteren Techno-Größen wie Marusha und Westbam erhielten wichtige Impulse durch Fraktus und ihr wichtigstes Werk „Tut-ench-amour“. Die Band baute einige Instrumente selbst, revolutionierte Klänge in der Musik und war für exaltierte Performances legendär. Sogar eine Vorläufer-Version des Smileys haben sie erfunden. Doch - wo sind sie jetzt?
Die drei Protagonisten, die 1979 unter dem Namen Frikassee begannen, sind heute in alle Winde verstreut: Ibiza, ein Internet-Shop namens Surf'n Schlurf und ein Optikergeschäft, das sind nach der Auflösung der Band die Orte, an denen der hoffnungsfrohe Musikproduzent Roger Dettner sie wieder findet. Ein Comeback ist zwar alles andere als nahe liegend, doch Roger ist eine Art Berufsoptimist: Er versöhnt die drei Einzelkämpfer, die 20 Jahre ein „Nicht-Verhältnis“ hatten und jetzt nicht gerade das perfekte Trio abgeben, zumindest nicht auf Anhieb. Es gibt hoffnungsfrohe Momente, auch welche mit guter Musik, doch der Comeback-Auftritt der „Legende“ auf dem Melt-Festival gerät zur Katastrophe. Kollegen wie Jan Delay schimpfen „Da war nichts“.
Der Neubeginn ist hart, doch am Schluss wird ein Bann gebrochen - »Fraktus« will es noch einmal wissen, scheißt auf die Musikindustrie und beginnt wie früher als Freundestrio mit Guerilla-Marketing.
Wer sich jetzt fragt, wer zum Teufel jemals von »Fraktus« gehört hat, erhält womöglich unbefriedigende Antworten. Versuchen wir es mit Namedropping: Studio Braun, bekannt für absurde Telefoncomedy und seine Protagonisten Heinz Strunk (»Fleisch ist mein Gemüse«), Rocko Schamoni (»Dorfpunks«) und Jacques Palminger haben im Film ganz entscheidend mitgewirkt, auch Devid Striesow (»Yella«, »Drei«) ist dabei. Zu ernsthaft sollte man die Frage „Echt oder Fake“ also besser nicht stellen, sondern sich ganz unvoreingenommen in die Tiefen der 80er-Jahre-Musik und ihrer Nachwirkungen begeben, in den Style der Zeit und in die Geschichte von drei Individuen, die das Filmpublikum auf das Köstlichste unterhalten. Und wer danach noch mehr will: Auf der MySpace-Seite von »Fraktus« wird verkündet: „Ooo-eee-jooo! Wir haben wieder einen Manager! Und er macht uns gerade eine Tour klar!“…
Petra Wille