Dicke Mädchen

Drama, Deutschland 2011, 79 min

Beim Betrachten dieses Debütfilms stellt sich die Frage, warum heute ein junger Regisseur und Hochschulabsolvent noch ran will ans Herz seines Publikums, zu einer Zeit, wo fast jeder nach der Geldbörse schielt. Okay, hier gehört eingelenkt; viele versuchen das Herz zu treffen und viele verfehlen es. Nicht so Axel Ranisch, der mit ganz wenig Etat und um so mehr Ehrlichkeit eine zarte Liebesgeschichte spinnt, die an einem wunderschön anzuschauenden Ort, nämlich in der Lichtenberger Plattenbau-Wohnung einer 90-jährigen Dame spielt. Als sei Edeltraut irgendwie mitsamt ihrem als Neubauwohnung getarnten Raumschiff hier gelandet, fühlt sie sich fremd und missverstanden. Es ist die fortschreitende Demenz, die ihr Probleme bereitet. Und die ihren Sohn Sven auf Trab hält. Tagsüber, wenn Sven in der Bank arbeitet, kommt Pfleger Daniel und übernimmt Edeltrauts Betreuung. Mit einer Engelsgeduld lässt sie die verrücktesten Ideen über sich ergehen, da sie doch bei Laune gehalten werden muss. Aber dann ist sie fort. Verschwunden in Lichtenberg, und die beiden Männer ziehen los sie wieder zu finden. Was sie außerdem entdecken, ist eine verrückte Art von kosmischer Anziehungskraft, andere nennen das Liebe, doch hier braucht es einige Zeit und einen Trauerfall in der Familie, quasi, um sich loszulassen und sich zu berühren. Der Film, der mit 517,23 Euro (andere Quellen wissen von zusätzlichen 9 Cent) eigentlich viel zu teuer geworden ist, heimste mittlerweile recht interessante Preise ein. Einen Drehbuchpreis auf einem Filmfest zu bekommen, für die fünfeinhalb losen Blätter Treatment oder den Spezialpreis für innovative Filmtitel abzuräumen, wo sich die dicken Mädchen auf dem Plakat ja gleich als Jungs outen, deutet auf einen Volltreffer hin, was auch der New Berlin Film Award für den Besten Spielfilm 2012 eindrucksvoll belegt.

Buch: Peter Trabner, Heiko Pinkowski, Axel Ranisch

Regie: Axel Ranisch

Darsteller: Ruth Bickelhaupt, Heiko Pinkowski, Peter Trabner, Paul Pinkowski

Kamera: Axel Ranisch

Produktion: Sehr gute Filme, Heiko Pinkowski, Dennis Pauls, Axel Ranisch, Anne Baeker

Bundesstart: 22.11.2012

Start in Dresden: 22.11.2012

FSK: ab 12 Jahren