Lincoln

Drama/Biographie, USA/Indien 2012, 152 min

Es ist ein Lehrstück. Weniger wäre auch gar nicht akzeptabel. Wo andere sich mit einem Biopic zufrieden geben, erstklassige Besetzung bis in die letzte Reihe des Repräsentantenhauses selbstredend eingeschlossen, verfilmt Steven Spielberg wie besessen Geschichte. Detailverliebt und monumental. Anders kann er nicht. Sein Fisch war groß, sein D-Day gewaltig und der T-Rex, … na ja. Nun also der amerikanische Mythos, nacherzählt, nur über den Wimpernschlag von 30 Tagen. Ungeachtet all der Dinge, die es bis zu jenem Januar 1865 zu berichten gäbe. Doch scharf fokussiert, wie durchs Zielfernrohr einer Zeitmaschine, zeigt gerade die bevorstehende Abstimmung über die Abschaffung der Sklaverei im Süden das finale Ringen um den 13. Verfassungszusatz, all die präsidialen Puzzleteile auf, deren fertiges Bild (zumindest) jeder Amerikaner zu kennen glaubt. Von dem Mann, der die junge Staatenunion einst entzweite, als aufgrund seines Amtsantritts 1961 die Konföderation überhaupt erst entstand. Der die damals stockkonservativen Demokraten bekämpfte mit scharf geschliffenen Sentenzen und mit seiner Vision von den (wieder) Vereinigten Staaten. Und der ein zweites mal gewählt, kurz darauf ermordet und von seinem Volk zum marmornen Monument aufgerichtet wurde. 160 Tonnen schwer. Jetzt kommen also Spielberg und Day-Lewis, Drehbuchautor Tony Kushner und Doris Kearns Goodwin, die mit ihrem Buch Team of Rivals 2005 überhaupt alles in Gang setzte und packen noch mal 150 Minuten obendrauf. Seitenlang ließe sich über Ausstattung und Skript renommieren, Musik und Kamera loben oder der politische Sprengstoff beleuchten, und doch sei hier nur eine Facette herausgestellt, eine einzige Empfehlung ausgesprochen; dieser Abraham Lincoln war ein begnadeter Redner, und was heute in Stein gemeißelt steht, erweckt Daniel Day-Lewis mit einer zutiefst beeindruckenden Stimmarbeit zum Leben. Da klingt eine deutsche Synchronisation wie grober Unfug und ist einfach nicht nachvollziehbar. Der interessierte Zuschauer möge sich auf jeden Fall den ganzen Day-Lewis/Lincoln gönnen.
alpa kino