MansFeld

Dokumentation, Deutschland 2012, 101 min

Neunjährige schwingen eine vier Meter lange Peitsche und sehen dabei sehr entschlossen aus - ein ungewöhnlicher Einstieg in einen Film. Doch handelt es sich hier keineswegs um besonders gewaltbereite Kinder, sondern um einen regionaler Brauch: Am Ende der kalten Jahreszeit findet mit dem Pfingstfest ein Generationenwechsel statt: Kinder und junge Leute in bunter Verkleidung vertreiben symbolisch die Alten, die sich im matschigen Boden festzuhalten versuchen. Einmal im Jahr dürfen die Kleinen die Großen jagen, was eine große, schlammige Gaudi und ein archaisches Ritual zugleich ist.
Schon kleine Kinder - allerdings wohl nur Jungen - üben mit den Peitschen umzugehen, besonders schwierig scheint das Knallen zu sein, das selbst Erwachsene nicht immer beherrschen. Hier scheinen alle involviert: Eltern und große Geschwister führen vor, bringen bei und feuern an.
In »Mansfeld« von Mario Schneider geht es um Tom (8 Jahre), Sebastian und Paul (beide 9). Die beiden Älteren leben mit ihren Eltern und Geschwistern zusammen. Tom ist nicht nur der jüngste von ihnen, er ist auch ein kleiner Philosoph, liest morgens aus der Zeitung vor und lebt bei seinen zwei Müttern. Sein leiblicher Vater kommt ab und an zu Besuch - eine Patchworkfamilie, die trotz vermeintlich konservativer Strukturen auf dem Dorf gut zu funktionieren scheint. Mit männlichem Gehabe kann er allerdings wenig anfangen. Da er mit der sehr langen Peitsche noch nicht umgehen kann, bittet er um eine kürzere, die anderen lachen wegen der „Babypeitsche“.
Im Film wird nicht kommentiert, nur beobachtet. Leider gehen dabei ein paar Informationen verloren, zum Beispiel darüber, was das Besondere am Mansfelder Land ist: Es handelt sich nämlich um eine ehemalige Bergbaugegend. Die schwarze Erde und die riesige Halde über dem Dorf zeugen davon. Das haben die vier Kameraleute gut eingefangen. Auch gelingt es ihnen gut, die Perspektive der Kinder auf ca. 1,50m Höhe einzunehmen, anstatt von oben herab zu schauen - unter anderem dank Thomas Plenert (»Du bist nicht allein«, »Herr Zwilling und Frau Zuckermann«). Einem Kameramann (oder einer -frau) vor sehr langer Zeit ist es zu verdanken, dass Aufnahmen des Pfingstfestrituals von 1926 existieren: Verkleidete Männer und Frauen muten fast unheimlich an, stoßen sich gegenseitig in Pfützen und scheinen geheimen Regeln zu folgen. Wie diese Regeln lauten, lässt dieser Film ein bisschen ahnen, etwas Geheimnisvolles bleibt es für Zuschauer jedoch immer noch, und das ist wohl auch gut so.
Petra Wille
Petra Wille

Buch: Mario Schneider

Regie: Mario Schneider

Kamera: Peter Badel, Florian Kirchler, Thomas Plenert, Mario Schneider

Musik: Cornelius Renz

Produktion: 42film, MDR, Mario Schneider

Bundesstart: 16.05.2013

Start in Dresden: 16.05.2013

FSK: ab 6 Jahren