25. Mai 2009

Yes, We Cannes!

Ein Reisebericht zum wichtigsten Filmfestival
Yes, We Cannes!
Foto: v.l.n.r. Dr. Kurt Hanuschke, Charlie Sheen, Bruce Campbell

Dresden ist schon doll und der Flughafen Dresden Klotzsche trägt nicht umsonst mittlerweile den Namen Dresden International Airport. Ich kann zwar nicht mehr mit einer im VEB Flugzeugwerk Dresden zusammengeschraubten IL-14P nach Heringsdorf an die Ostsee fliegen, dafür aber mit einer amerikanischen Boeing 737 nach Nizza. Eigentlich wollte ich ja nach Cannes, aber der dortige Airport ist nur für Maschinen in der Größe einer IL-14P zugelassen. Nizza liegt ja aber nur 30 km entfernt. Das ist ungefähr mit der Strecke Dresden – Meißen/Winkwitz vergleichbar. Also lande ich nach einem wie üblich bäkse schmeckenden Bordkaffee und drei Portemonnaie schändenden Minibieren auf dem Aéroport Nice Côte d´Azur. Es gießt in Strömen, so dass ich mich frage, warum ich nicht zu Hause geblieben bin und ein paar kaltgestellte Hülsen meines Getränkehändlers des Vertrauens Mark Apitz eingeatmet habe. Aber ich bin nun mal hier und hatte ja sowieso im November 08 Quentin Tarantino in Bad Schandau ein paar Vasen in Cannes versprochen. Vom Terminal 1 laufe ich zum 500 Meter weiter liegenden Bahnhof Nice St. Augustin, der wirklich very nice ist und bisschen so aussieht, als würde Charles Bronson irgendwo in der Ecke lümmeln. Ungeschoren komme ich davon und besteige 14 Minuten später einen Zug der Société nationale des chemins de fer français und fahre Richtung Cannes. Der größte Teil der Strecke verläuft am Mittelmeer, was ich nach Meißen/Winkwitz nicht gehabt hätte und hab mich wieder etwas mit dem Scheißwetter versöhnt. Pünktlich rolle ich im Gare de Cannes ein. Freundlicherweise holt mich mein Freund Bruce Campbell mit einem rollenden Mietbaguette ab. Wir fahren sogleich ins Hotel Majestic Cannes Barrière. Dort freut man sich natürlich eine solche Honoration wie mich begrüßen zu dürfen. Schnell feuere ich meinen Krimskrams in die Ecke und wir gehen mit großen schwarzen Hotelregenschirmen bewaffnet erst einmal auf die berühmte La Croisette. Ein Name, der mich dringend an eine Pilsette mit Brötchen erinnert. Viel Zeit bleibt nicht, da ich mir laut Redaktion „Der Antichrist“ von Parkinson-Filmer Lars von Trier angucken soll. Bruce will mitkommen und hat schon mal vorsichtshalber ein paar Kotztüten aus dem Flugzeug mitgehen lassen für den Fall, dass es uns bei dem Dogmagewackel schlecht werden sollte. Eigentlich schon seltsam, dass in den Zehn Geboten der von Trier mitbegründeten Dogma95 nicht einmal der Satz zu lesen ist: Mit der Handkamera ist epileptisch herumzufuchteln. Wie auch immer, auch der Lars steckt offensichtlich in einer Schaffenskrise. Wie sonst könnte es sein, dass Herr von Trier im Antichristen gleich mal den bösen Wald mit Haus aus „Tanz der Teufel“ klaut, bemerkt Bruce Campbell ganz richtig. Die Revolution frisst ihre Kinder und hier gleich mal den Erstgeborenen. Rülps. Und so tauchen im Saal schnell Sätze auf, wie „Lars das war`s“ oder „Herr von Trier wo steht das Bier“. Abends gehe ich dann mit Bruce ins „Cuillère crasseuse“ wo ich mit Quentin verabredet bin, das Bierangebot in etwa unserem Gusto entspricht und das Schädelbräu aus Radolfberg nicht sein zu Hause hat. Auch hat, Gott sei Dank, Til Schweiger nach seinem Hartmanns-Auftritt 2008 im Cantamaggio – Vino e Cucina in Berlin Mitte hier Hausverbot. Als dann aber Charlie Sheen den Laden betritt, heißt es endgültig, Beers for Viers. Gegen 4:00 Uhr morgens bemerken wir noch trefflich, dass sich mit Quentins „Inglourios Basterds“ auf seltsame Weise der Kreis aus Fiktion und Geschichte schließt. Denn hätte man Benito gleich 1934 erschossen und zeitnah Adolf Tarantino-like erschlagen, würden wir vier hier nicht so gemütlich sitzen, denn mit aller Wahrscheinlichkeit wären die Filmfestspiele von Cannes erst gar nicht gegründet worden, da es keinen Grund gegeben hätte, 1939 eine Parallelveranstaltung zum Duce- und Führer-kontaminierten Mostra Internazionale d`Arte Cinematografica di Venezia ins Leben zu rufen. Ein` nemm` wor noch.

Bis nächstes Jahr Euer Dr. Kurt Hanuschke (Geschmackspapst)