18. September 2008
Stadtnächte am Filmufer

Obwohl ich mich doch beruflich als internationaler Filmrezensent intensiv mit dem Medium lichtgestaltetes Zelluloid auseinandersetzte und bedingt durch mein Leben in zwei Gesellschaftsformen und Systemen wahrscheinlich alles gesehen habe, was man sich filmographisch so vorstellen kann, ist es mir im zunehmenden Alter, in 26 Jahren werde ich 70, immer häufiger zuwider ein Kinotheater aufzusuchen. Das hat weniger was mit den zum Teil fabelhaften Häusern zu tun, man denke nur an Frank Apels großartige Lichtspielbühnen, als mit der Tatsache, dass im Alter Ruhe immer mehr eine wichtige Rolle in meinem Alltag einnimmt. Dieser Umstand gilt um so mehr für den Besuch eines Lichtspielhauses, der meine vollste Konzentration auf das kommende Ereignis benötigt. Leider ist dies im seltensten Falle gegeben, außer man beabsichtigt sich einen verkopften Intellektuellenfilm anzuschauen. Aber auch ich möchte meinen Geist mal baumeln lassen und mit einfachster Unterhaltung beurlauben. So kommt es dann doch ein, oder auch schon zweimal dazu, dass ich mich zu einem Kinobesuch überreden lasse. Wenn ich mich zu dieser abendfüllenden Unternehmung durchgerungen habe, passiert dann komischerweise aber auch immer gleich etwas Nerviges. Lebhaft kann ich mich noch an meinen vorletzten Besuch zu den Filmnächten am Elbufer vor mindestens neun Jahren erinnern. Meine Frau hatte mich in mühevoller Kleinarbeit dazu gebracht, mir den Balkanknaller »Schwarze Katze, weißer Kater« anzuschauen. Da fing das erste Problem schon an, ich kann irgendwie automatisch keine Filme leiden, den alle toll finden. Die anderen Probleme kamen dann ganz von selbst. Offensichtlich waren wir in eine Vorstellung für den Dresdner Gehörschwachenverband geraten. Neben der unerträglichen Lautstärke fummelte noch irgendein Arschloch mit seinem Laserpointer munter auf der Leinwand herum. Aber vielleicht tue ich ja diesem Mann vollkommen unrecht und wir waren nur in die Vorstellung des Verbandes Hradec Králové geraten und die laserpointende Person bemühte sich lediglich um eine Simultanübersetzung des Filmes. Wie auch immer, nach neun Jahren konnte man schon ruhig den Versuch unternehmen, mal wieder die Filmnächte zu besuchen, zumal Indiana Jones angekündigt war.
Überredet und mit Bieren gelockt hatte mich diesmal Andrej Eberhardowitsch, den ich seit 29 Jahren kenne und über den ich mal gehört hatte, dass er die Filmnächte erfunden haben soll. Aber, natürlich, wenn ich mich schon zu einem open air Kinobesuch habe hinreißen lassen, dann regnet es logischerweise. Aber egal und immer treu der Devise „Männer das sind wir, wir schmeißn die Wurscht weg und fressens Papier“ trafen wir uns trotzdem am Königsufer. Es gibt da schließlich ja noch überdachte Plätze und tatsächlich waren auch noch ein paar wunderschöne Exemplare mit Tisch frei. Kurz bevor wir uns aber gemütlich setzen wollten, machte uns ein diensthabendes Gelköpfchen darauf aufmerksam, dass diese Plätze VIPiiiis vorbehalten wären. Aus irgendeinem Grunde erkannte er mich nicht und wollte auch sonst von meiner hoch angesehenen Stellung in der Gesellschaft nichts wissen. Da ich mich an diesem Tage dazu entschlossen hatte, mich weder aufzuregen noch den Herrmann zu geben, begaben wir uns mit dem versprochenen Bier ausgerüstet in die unüberdachte Holz- bzw. Plastikklasse, und die Feuchtigkeit hielt sich auch in Grenzen. Dann ging der Film auch schon los und ich bemerkte zu meinem Entsetzen, dass das um uns herum tobende Stadtfest nicht bereit war, ihr minderwertiges Programm einzustellen oder zumindest etwas in der Lautstärke zu dimmen. Das Ganze hatte so etwas von Dresdens akustischer Visitenkarte. Barocke Elbkulisse mit billig stampfendem Schlagersoundtrack. Aber egal, in den meisten Passagen von Indiana Jones wurde eh dauernd geschossen oder es ging irgendetwas lautstark kaputt, was den Missklang vom anderen Ufer etwas eindämmte. Dann hatte uns doch noch eine wichtige Dame der Filmnächte erkannt und bat uns auf die gehobeneren Plätze, nachdem sie uns versichert hatte, dass das Dienst habende Gelköpfchen gekündigt wird, da man es sich mit uns nicht verderben wollte. Dazu wurden uns noch mehrere Teller feinstes Sushi gereicht, was nicht unbedingt zu »Indiana Jones« passte, doch aber sehr lecker war und in mir den Entschluss reifen ließ, nicht wieder neun Jahre zu warten.
Kampai, Ihr Dr. Kurt Hanuschke, September 2008
Überredet und mit Bieren gelockt hatte mich diesmal Andrej Eberhardowitsch, den ich seit 29 Jahren kenne und über den ich mal gehört hatte, dass er die Filmnächte erfunden haben soll. Aber, natürlich, wenn ich mich schon zu einem open air Kinobesuch habe hinreißen lassen, dann regnet es logischerweise. Aber egal und immer treu der Devise „Männer das sind wir, wir schmeißn die Wurscht weg und fressens Papier“ trafen wir uns trotzdem am Königsufer. Es gibt da schließlich ja noch überdachte Plätze und tatsächlich waren auch noch ein paar wunderschöne Exemplare mit Tisch frei. Kurz bevor wir uns aber gemütlich setzen wollten, machte uns ein diensthabendes Gelköpfchen darauf aufmerksam, dass diese Plätze VIPiiiis vorbehalten wären. Aus irgendeinem Grunde erkannte er mich nicht und wollte auch sonst von meiner hoch angesehenen Stellung in der Gesellschaft nichts wissen. Da ich mich an diesem Tage dazu entschlossen hatte, mich weder aufzuregen noch den Herrmann zu geben, begaben wir uns mit dem versprochenen Bier ausgerüstet in die unüberdachte Holz- bzw. Plastikklasse, und die Feuchtigkeit hielt sich auch in Grenzen. Dann ging der Film auch schon los und ich bemerkte zu meinem Entsetzen, dass das um uns herum tobende Stadtfest nicht bereit war, ihr minderwertiges Programm einzustellen oder zumindest etwas in der Lautstärke zu dimmen. Das Ganze hatte so etwas von Dresdens akustischer Visitenkarte. Barocke Elbkulisse mit billig stampfendem Schlagersoundtrack. Aber egal, in den meisten Passagen von Indiana Jones wurde eh dauernd geschossen oder es ging irgendetwas lautstark kaputt, was den Missklang vom anderen Ufer etwas eindämmte. Dann hatte uns doch noch eine wichtige Dame der Filmnächte erkannt und bat uns auf die gehobeneren Plätze, nachdem sie uns versichert hatte, dass das Dienst habende Gelköpfchen gekündigt wird, da man es sich mit uns nicht verderben wollte. Dazu wurden uns noch mehrere Teller feinstes Sushi gereicht, was nicht unbedingt zu »Indiana Jones« passte, doch aber sehr lecker war und in mir den Entschluss reifen ließ, nicht wieder neun Jahre zu warten.
Kampai, Ihr Dr. Kurt Hanuschke, September 2008
