Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach

Komödie/Drama, Schweden/Frankreich/Norwegen/Deutschland 2014, 100 min

Roy Anderssons neuer Film, der dieses Jahr in Venedig den Goldenen Löwen gewann, bildet nach »Songs from the Second Floor« (2000) und »Das Jüngste Gewitter« (2007) den Abschluss seiner Trilogie über das Menschsein, mit der er seinen unverkennbaren, stark an der Malerei orientierten Stil manifestiert hat. Auch dieser Film besteht aus episodisch aneinander gereihten Tableaux Vivants, statischen Einstellungen von Räumen, meist Bars, Flure oder Straßen, von denen man in Räume hineinblicken kann. In den genau komponierten Bildern ist oft viel los, Tiefenschärfe lässt wie im Wimmelbild auch den Figuren im Hintergrund Bedeutung zukommen. Und so betrachtet man die Einstellungen wie Gemälde, wandert vom einen zum anderen, aus Angst, etwas zu übersehen. Die Neue Sachlichkeit mit Malern wie Otto Dix und Georg Scholz war nach eigenen Aussagen Inspiration für den Film. Sieht man die leichenblass geschminkten Gesichter der Figuren, die Steifheit und Verklemmung, mit der sie sich bewegen, die Eintönigkeit ihrer Tätigkeiten, dann glaubt man das sofort. Trivialismus ist ein anderes Stichwort, mit dem Andersson seine Filme beschreibt: der Blick aufs Alltägliche und die Kunst, das Skurrile darin hervortreten zu lassen. Wie die anderen Teile der Trilogie driftet »Eine Taube« in manchen wunderschönen Momenten ab ins Traumhafte, der Welt Entrückte und hat insgesamt sogar noch weniger Handlung als diese: Nur ein wiederkehrendes Motiv - zwei Vertreter, die in beckettscher Manier versuchen, Scherzartikel zu verkaufen - bildet so etwas wie einen roten Faden. Es ist mehr die Einsamkeit und Verletzlichkeit der Menschen, die die übrigen Szenen miteinander verbindet. Das ist manchmal echt witzig, (am ehesten will Andersson diesen Film wohl auch als Komödie verstanden wissen), oft aber auch nur erschütternd.
Felix

Buch: Roy Andersson

Regie: Roy Andersson

Darsteller: Holger Andersson, Nils Westblom, Sture Olsson, Ingvar Olsson

Kamera: István Borbás

Produktion: Roy Andersson Film, Societé Parisienne, 4 ½ Film, Essential Filmproduktion, ZDF, Arte, Pernilla Sandström

Bundesstart: 01.01.2015

Start in Dresden: 01.01.2015

FSK: ab 12 Jahren