Kind 44

Thriller, USA/Großbritannien/Tschechische Republik/Rumänien 2015, 138 min

Die Welt ist schlecht. Die kapitalistische. In der Sowjetunion des Jahres 1953 dagegen wehrt man sich von Staats wegen mit Händen und Füßen, eine über viele Jahre laufende Mordserie an Kindern als solche anzuerkennen. Hier, wo es Mord, diese niedrigste aller kapitalistischen Pestbeulen, gar nicht geben kann. Nicht geben darf. Wer an dieser Stelle stutzt, tut genau, was der Verfasser des zu Grunde liegenden Bestsellerromanes erreichen wollte. Noch 1990 stocherten sowjetische Ermittler mit politisch getrübtem Blick einem Serienmörder hinterher und inspirierten Autor Tom Rob Smith dazu, die Ereignisse genau in jene finstere Zeit zu legen, wo ringsum tausendfach gemordet wurde; hin zum Höhepunkt der Stalinzeit. Leo Demidov (Tom Hardy) gilt als systemtreuer Geheimpolizist und als unantastbarer Staatsbürger. Ein Kriegsheld obendrein, hisste er doch jene rote Fahne auf dem zerstörten Berliner Reichstag. Ein Faustpfand in diesen Zeiten, wo sich Menschen reihenweise niederträchtig ans Messer liefern. Leo hilft dabei, jeden Tag die Messer zu wetzen. Einen Kindesmord zu vertuschen als Eisenbahnunfall, aus oben genannten politischen Gründen, das geht aber in eine andere Richtung. Diese Lüge seinem besten Freund unterzuschieben, dem Vater des getöteten Jungen, das erschüttert Leos Routine. Seinen Untergebenen in Ausübung des Dienstes niederzuschlagen wegen dessen Brutalität, führt dann recht schnell zu einer Denunziation. Eine Disiplinarmaßnahme folgt. Leo, denunziere deine Frau Raisa (Noomi Rapace) als Spionin oder marschiere in die Provinz! Leo marschiert. Fern von Moskau in einem Industriekaff ereignet sich bald ein nahezu identischer Kindesmord. Leos Recherchen ergeben insgesamt 44 Fälle. Seine angekratzte Staatstreue ringt mit seinem Instinkt als Polizist. Wenn die Aufklärung eines solchen Verbrechens politisch nicht gewollt ist, wenn die ganze Arbeit ein einziges Lügengebäude ist, und wenn man nur Terror findet, wo man nach Wahrheit sucht, was soll man dann noch zu einem Mörder sagen? Falls man ihn findet? Ist das ganze Leben vielleicht nur eine Lüge? Ein Dummerjungen-Streich?
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