TRAILER

Elle

Drama, Frankreich/Deutschland/Belgien 2016, 126 min

Oh,… als Buchtitel. Oh,… als irritierter Laut. Dem Schriftsteller Philippe Djian genügten zwei Buchstaben, um den Lesern auszumalen, von welcher mentalen Statur seine Heldin ist. Michèle Leblanc wird in ihrem Haus von einem maskierten Eindringling vergewaltigt. Sie fegt die Scherben zusammen, nimmt ein Bad und ruft sich etwas Sushi herbei. Der Eingangs beschriebene Laut bleibt eine ganze Weile ihr einziger Kommentar zu dem Geschehen. Trotzdem wirkt Michèle fokussiert. Sie rüstet auf; besorgt Reizgas und ein Campingbeil, neue Schlösser im ganzen Haus, und erledigt die wichtigen Dinge zuerst. Die Mutter, eine Seniorin mit vitaler Libido, muss ein wenig überwacht werden. Der Sohn, ein liebesblinder Trottel, braucht finanziellen Beistand. Der Ex, ein verkannter Literat, wird wegen der falschen Werke geliebt… Für alles wüsste Michèle eine befriedigende Lösung. Befriedigung ist ihr Job. Sie leitet eine Softwareschmiede für Computerspiele, Sex & Crime. Im Büro vögelt sie mit Robert, dem Mann ihrer besten Freundin. Nachdem sie den Beiden und ihrem Ex-Mann beim Diner erzählt hat, was ihr widerfahren ist. Oh,… und du rufst nicht die Polizei? Diese Geschichte ist angefüllt mit Erstaunen. Einer von Michèles Angestellten projiziert auf alle Bildschirme eine Vergewaltigungsfantasie, der Sohn lässt sich ein farbiges Kind andrehen und Michèles Vater sitzt im Knast als verurteilter Massenmörder. Unerschütterlich bleibt einzig Michèle. Ihr Peiniger beginnt Botschaften zu schicken. Wahlweise als Textmitteilung oder Ejakulat auf's Tablet. Vom Sex mit Robert hat sie genug und klärt dessen Frau auf… Ein Wort zur Spannung; dem 77-jährigen Regisseur Paul Verhoeven gefiel es, sich mit diesem Film seitwärts in die Büsche zu schlagen. Fort von den Trampelpfaden des Genres. Und so präsentiert er ungefähr zur Hälfte des Filmes die Identität des Vergewaltigers. Um damit endlich dieses Level des Spiels verlassen und ein neues erreichen zu können. Man muss abgezockt sein, um einen Top-Score zu erlangen. Oh,… und wenn es eine gibt, die abgezockt ist, dann Isabelle Huppert. Genau diese 63-jährige Dame hatte Djian im Kopf, als er zur Feder griff.
Alpa Kino