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Das schweigende Klassenzimmer

Drama, Deutschland 2018, 111 min

Im Herbst 1956 strebten die Ungarn danach, den Warschauer Pakt zu verlassen. So etwas nannte man damals Konterrevolution und die Sowjetunion reagierte hart und schnell. Die Menschen in der DDR, denen erst drei Jahre zuvor „die Leviten gelesen worden“ waren, empfanden diese neuerliche Machtdemonstration besonders schmerzhaft. Als die Schüler einer brandenburgischen Abiturklasse aus Empörung und Unverständnis und auch ein wenig aus jugendlicher Rebellion schweigend im Unterricht sitzen, wird diese Solidaritätsbekundung schnell zu einem folgenschweren Politikum. Theo (Leonard Scheicher) und Kurt (Tom Gramenz) stehen noch unter dem Eindruck der Wochenschaubilder aus Budapest, die sie in einem Westberliner Kino sahen, als sie die Idee der Schweigeminute mit ihren Klassenkameraden ausprobieren. Dass sie damit den Volksbildungsminister persönlich in ihre Schule locken würden, ja sogar ihrer aller Abitur aufs Spiel setzen würden, hatte keiner von ihnen erwartet. Das soll ein sozialistischer Minister sein? Der keinen Pfifferling gibt auf die Gedanken und Ängste seiner Schüler? Ihnen stattdessen droht und sie zur Preisgabe der Rädelsführer zwingen will? Als ob sie Verbrecher wären? Ihre Enttäuschung lässt sie weiter schweigen. Doch ihr Zusammenhalt gerät schnell unter Beschuss, denn in nahezu jedem Elternhaus fehlt es an Rückendeckung. Tags in der Schule verhört und abends daheim von den Eltern zusammengestaucht, schwindet ihre Hoffnung auf ein glimpfliches Ende schnell dahin. Und wenn sie wirklich vom Abitur ausgeschlossen werden, wie soll es für sie in diesem Land noch weitergehen? Lars Kraume inszeniert erneut ein spannendes Kapitel deutscher Geschichte und verarbeitet dabei die Erinnerungen des heute 78-jährigen Dietrich Garstka. Womöglich wird der pensionierte Lehrer und einstige Schüler der Kurt-Steffelbauer-Oberschule in Storkow die Premiere seiner deutsch-deutschen Geschichte auf der Berlinale 2018 schweigend bestaunen.
Alpa Kino