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Cold War - Der Breitengrad der Liebe

Drama, Polen/Frankreich/Großbritannien 2018, 88 min

Manche Filme berühren den Zuschauer mit einer Art Geheimsprache. Wie sie Gerüchen aus der Kindheit eigen ist, dem Summen der Mutterstimme, oder einem Windhauch überm reifen Getreidefeld. Nach dem Betrachten von Pawel Pawlikowskis »Ida«-Nachfolger klingt diese Geheimsprache lange nach. Wiktor (Tomasz Not) sammelt 1949 traditionelle Folklore auf polnischem Boden, von Staats wegen, und verwertet den musikalischen Ertrag zur Gründung eines nationalen Tanz- und Gesangsensembles mit dem Namen Mazurek (dem Original Mazowsze stark nachempfunden). Unter den Bewerberinnen gefallen ihm Antlitz, Stimme und Zielstrebigkeit von Zula (Joanna Kulig), die beides kann; sich einen Mann vom Leibe halten oder ihm den Kopf verdrehen. Als die Partei dem Ensemble eindringlich neue Lieder zu Ehren des geliebten Führers Stalin anträgt, beschließen Wiktor und Zula 1952 ein Gastspiel im geteilten Berlin zu nutzen, um Polen für immer den Rücken zu kehren. Doch sie zögert, und die Liebenden sehen sich nur zweimal in den nächsten fünf Jahren. In Paris bleiben ihnen nur fünf Minuten ohne Aufsicht, in Split schreiten die Milizionäre ein und verhindern einen näheren Kontakt. Erst 1957 in Paris, wo Wiktor sein Einkommen als Pianist in einem Jazzclub bestreitet, darf ihre Liebe einen zweiten Anlauf nehmen. Zula, mittlerweile Ehefrau eines Italieners, flieht von Palermo nach Frankreich, wo sie mit Wiktor um ihre Liebe und in seinem Umfeld um Anerkennung ringt…
Die Goldene Palme als bester Regisseur erhielt Pawel Pawlikowski 2018, der hier ganz bewusst Zuflucht sucht in einer Welt ohne Screens, hektische Töne oder nicht abreißen wollende, multimediale Informationsströme. Ganz pragmatisch erzählt er vom Beginn, der Mitte und dem Ende einer Liebe in Zeiten des Kalten Krieges. Womit weniger der Krieg, als mehr die Teilung jener vergangenen Welt gemeint ist, und die Schwierigkeiten, die den Menschen daraus erwuchsen. Seine Auslassungen irritieren bisweilen, viel zu selten gibt es heute noch Kino ohne allseitige Erklärwut. Doch lauscht man dem Film nach, klingen diese leeren Intervalle wie die Pausen in dem wunderschönen Musikstück »Dwa Serduszka«.
alpa kino