TRAILER

Pelikanblut

Drama, Deutschland/Bulgarien 2019, 127 min

In einem frühchristlichen Naturlehrbuch findet sich das Ammenmärchen, dass Pelikane sich mit dem Schnabel die eigene Brust aufreißen, um mit ihrem Blut ihre Jungen zum Leben zurückzuholen. Um genau diese Selbstopferung mit starken Jesus-Christus-Anleihen geht es im zweiten Spielfilm von Katrin Gebbe. In »Pelikanblut« erzählt sie die Geschichte der Pferdetrainerin Wiebke (Nina Hoss), die sich einen lang gehegten Wunsch erfüllt und mit Raya (Katerina Lipovska) ein zweites Kind adoptiert. Doch schnell wird klar, dass mit Raya etwas nicht stimmt. Der Arzt bescheinigt ihr die Unfähigkeit zu jeglicher Empathie und Liebe. Doch Wiebke gibt Raya nicht auf und sucht einen Weg, ihr zu helfen. Anfänglich ist man geneigt, bei »Pelikanblut«, dem einzigen deutschen Beitrag auf den Filmfestspielen in Venedig 2019, an »Systemsprenger« von Nora Fingscheidt zu denken. Beide Filme beschäftigen sich mit einem Kind, das in keine vorgefertigte Schublade passt. Doch hier merkt man schnell, dass die Regisseurin Gebbe, die mit »Tore tanzt« schon für zwiespältige Furore gesorgt hat, ein Faible fürs Genre hat und auch vor extremeren Szenen nicht zurückschreckt. So handelt es sich hierbei nicht nur um ein Drama, sondern sie setzt geschickt Gerne-Elemente ein, um den Film mehr und mehr mit Horrorszenarien zu bestücken, so dass am Schluss jeder Ausgang möglich erscheint. Getragen wird das Ganze natürlich von der großartigen Nina Hoss (»Barbara«), die dem Film eine glaubhafte Bodenhaftung verleiht, wohingegen das Spiel der Kleinsten sehr an gruselige Horror-Kinder erinnert. Dadurch entsteht eine gelungene Balance, und »Pelikanblut« eignet sich auch für Zuschauer, die ein Faible für Filme besitzen, die sich nicht auf ein Genre begrenzen lassen.
Doreen