Borga
Kojo (Eugene Boateng) nennt die Elektroschrott-Müllhalde Agbogbloshi in Ghanas Hauptstadt Accra sein Zuhause. Hier handelt sein Vater mit Digital-Schrott aus der westlichen Welt. Kojos Lebensplan kennt nur zwei Perspektiven: Sein Bruder Kofi (Jude Arnold Kurankyi), der den Laden mal übernehmen soll, gibt ihm Arbeit, oder Kojo schafft es raus aus Accra, raus aus Ghana, und wird ein Borga. Ein Borga ist Ghanaer, der es in der westlichen Welt zu etwas gebracht hat, steht das Wort doch stellvertretend für den reichen Onkel aus Hamburg. Kojos Weg führt nach Deutschland, ins Ruhrgebiet, auf einen Schrottplatz. Vorbei an Landsleuten, die ihm die Augen öffnen, oder anderen, die solche wie ihn brauchen, um ihre dubiosen Geschäfte am Laufen zu halten. Und vorbei an Lina (Christiane Paul), die Kojos Borga-Masche schnell durchschaut, gleichwohl aber bereit ist, sich auf diesen Mann einzulassen. Noch hat sie keine Ahnung, welche Geschäfte Kojos Arbeitgeber Bo (Ibrahima Sanogo) zwischen Mannheim und Accra aufziehen will. Selbst die Tatsache, dass Kojo illegal in Deutschland ist, bleibt ihr lange verborgen. Kojo, angekommen in der Konsumwelt, gerät in einen Teufelskreis. Seine Familie in Accra, die nun einen reichen Onkel hat, wird von den eigenen Leuten ausgebeutet. Kojos Erwerbstätigkeit als dubioser Schrotthändler - und viel mehr noch als Drogenkurier - entzündet die Lebenskerze an beiden Enden. Daheim setzt Lina ihn vor die Tür und in Accra findet Kojo einen wütenden Mob vor, da der gefährliche Schrott nun von ihm angeliefert wird …
Nach dem Kauf einer Kinokarte stehen immer ein Paar Schuhe bereit, mit denen wir 90 Minuten Schritte gehen dürfen, in Jemandes Welt hinein. Stünden wir dann wenigstens einmal an einem Abgrund und dürften einen Blick hinüber werfen auf die Welt, in der wir leben, und die wir so scharf noch nie sahen, es wäre ein Glück. Dieses von Regisseur York-Fabian Raabe, Hauptdarsteller Eugene Boateng und Eric Golub gemeinsam entwickelte Filmprojekt bietet solches Glück, gemeinsam mit der Gelegenheit, den eigenen Horizont zu erweitern. Globale Auswirkungen des westlichen Konsums auf Kosten des afrikanischen Kontinents werden aus der Perspektive eines Ghanaers erzählt, der kein auf Mitleid reduziertes Opfer oder ein verachtenswerter Krimineller ist.
alpa kino
Buch: York-Fabian Raabe, Eric Golub, Toks, Körner, Cornelia Hermann
Regie: York-Fabian Raabe
Darsteller: Eugene Boateng, Christiane Paul, Jude Arnold Kurankyi, Lydia Forson, Adjetey Anang, Ibrahima Sanogo, Jerry Kwarteng, Prince Kuhlmann, Thelma Buabeng, Helgi Schmidt
Kamera: Tobias von dem Borne
Musik: Tomer Moked, Ben Lukas Boysen
Produktion: Chromosom Filmproduktion, East End Film, TD Afrique Films, SWR, Arte, Alexander Wadouh, Elaine Niessner, Thomas Niessner, Danny Damah, Tony Tagoe, Holly Gilliam, Eugene Boateng, Eric Golub, Stefanie Groß, Anne-Caroline Paquet
Bundesstart: 28.10.2021
Start in Dresden: 28.10.2021
FSK: ab 12 Jahren