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Memoria

Drama, Kolumbien/Thailand/Frankreich/Deutschland/Mexiko/Katar/Großbritannien/China 2021, 136 min

Bedenkt man, dass jede Radio- oder Fernsehsendung, die jemals auf der Erde ausgestrahlt wurde, für immer in Wellenform durch das Universum wabert, quasi als Geist, ausgestattet mit dem ewigen Gedächtnis einer hyperhysterischen Menschheit, dann erscheinen die zwei, drei Handvoll Geräusche, Gedanken und Bilder, die sich hier der Aufmerksamkeit Jessicas (Tilda Swinton) in den Weg stellen, wie die reine Meditation. Die schottische Botanikerin Jessica betreibt in Medellín einen Blumenladen und ist im Begriff, ihre kranke Schwester Karen (Agnes Brekke) im Krankenhaus zu besuchen, als ein Geräusch sie aus ihrer täglichen Routine reißt. Nur langsam begreift sie, dass sich dieser Sound nur ihr allein mitteilt. Als tauchte nur sie unter einem gewaltigen Eisentrog hindurch, in welchen eine riesige Steinkugel plumpst. Mit dieser Beschreibung kann der junge Tontechniker Hernán (Juan Pablo Urrego) zumindest etwas anfangen, als er Jessicas Erlebnis zu rekonstruieren versucht. Langsam tauchen beide in ein Meer aus Geräuschen ab. Aus welchem nur Jessica wieder herauskommt, jedenfalls findet sie den Mann später nicht mehr wieder. So, als habe er nur in ihrem Kopf existiert. Seinen Platz nimmt sein alter ego ein, wieder ein Mann namens Hernán (Elkin Díaz), dem Jessica in den Wäldern des Amazonas begegnen wird. Auf ihrem Weg dorthin scheint Jessica verrückt zu werden. Zumindest glaubt sie es, trifft sie doch unterwegs Menschen, deren Gedanken sie zu Ende denkt, oder überhört Geräusche, vor denen andere Reißaus nehmen, und allmählich findet sie sich auch in der Chronologie ihrer Reise nicht mehr zurecht…

Nicht erst, seit sich „Onkel Boonmee an seine früheren Leben erinnerte“ (Goldene Palme Cannes 2010), gilt der Thailänder Apichatpong Weerasethakul als Meister der cineastischen Meditation. Hier setzte er in Kolumbien, quasi auf neutralem Boden, die Themen von »Cemetery Of Splendor« (2015) fort, und verabredete sich mit Tilda Swinton, um in einer fremden Kultur Ausschau zu halten nach den vergangenen Geistern. Sie folgen uns auf Schritt und Tritt.
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