Rabia - Der verlorene Traum
Es ist eine lange Tradition; kriegerische Völker raubten Frauen, um jederzeit Nachwuchs an Kriegern parat zu haben. Die Wikinger trugen sie einst auf dem Rücken fort und die Nationalsozialisten errichteten Lebensborn Häuser. Eine ähnliche Einrichtung sind die Madafa beim IS in Syrien, als eine Mischung aus Kinderheim, Bordell für Kämpfer und Herberge für Jugendliche aus aller Welt. Die Chefin in diesem freiwilligen Gefängnis nennen alle nur die Madame (Lubna Azabal). Mit harter Hand managt sie die Bereitstellung zukünftiger Ehefrauen für IS-Kämpfer. Als die Französin Jessica (Megan Northam) und ihre beste Freundin Laïla (Natacha Krief) hier eintreffen, schauen sie verwundert drein, wie ihnen alle persönlichen Dinge abgenommen werden, Pässe, Handys, Schmuck und Kleidung werden konfisziert. Ihr Tagesablauf besteht fortan aus Gebeten, Arabisch lernen und aus Huldigungen ihrer Gotteskrieger. Für Jessica und Laïla ändert sich alles, als „ihr zukünftiger Mann“ im Kampf fällt. Ein anderer tritt an dessen Stelle. Und die Madame hat ein Auge geworfen auf Jessica, die jetzt Rabia heißt, seit langem sucht sie eine Nachfolgerin. Am liebsten wäre ihr jemand, dem die naiven, zumeist westlichen Ankömmlinge blind vertrauten; eine Europäerin. Hinlänglich bekannt sind in Europa die Berichte irritierter Eltern, als ihnen reihenweise die Kinder abhanden kamen. Die jungen Männer wollten beim IS kämpfen, die jungen Frauen wollten ihnen dafür ihren Mutterleib offenbaren. Regisseurin Mareike Engelhardt lässt ihren erschrockenen Blick nun nach Syrien wandern. Akribisch sammelt sie Berichte zurückgekehrter IS-Bräute, streicht aus ihnen das Unsagbare, vermeidet das Unzeigbare und formt aus all dem übrigen Leid und den Irrwegen ihre Geschichte um Rabia. Einer jungen Frau, die wie viele andere der Dysfunktionalität in ihrem französischen Leben zu entfliehen sucht, indem sie sich einem System anschließt, das ihr mittels Strenge Sicherheit gibt, und vermeintlich einen echten Wert als Individuum. So beklagt der Film im Grunde den Zustand der westlichen Welt, die offenbar erhebliche gesellschaftliche Defizite aufweist. Und er bekommt eine neue Dimension nach der Zerschlagung des Assad-Regimes. Momentan sollen laut UN ca. 25.000 Kinder aus IS-Ehen in Syrien aufwachsen.
alpa kino
Buch: Mareike Engelhardt, Samuel Doux
Regie: Mareike Engelhardt
Darsteller: Megan Northam, Lubna Azabal, Natacha Krief, Maria und Klara Wördemann, Lena Lauzemis, Lena Urzendowsky
Kamera: Agnès Godard
Musik: David Chalmin
Produktion: Films Grand Huit, Starhaus Filmproduktion, Kwassa Films, ARTE France Cinéma
Bundesstart: 23.01.2025
Start in Dresden: