Das geheime Leben der Worte

Welches geheime Leben können die Wörter führen, auf dem Weg von des einen Mund zu des anderen Ohr? Sie können überhört, missverstanden oder ignoriert werden. Manchmal können sie auch einfach verloren gehen. Oder sie wandern tagelang umher. In einem Niemandsland. Hannah (Sarah Polley) pflegt ihre Grenzen sehr gründlich, die meiste Zeit ist ihr nicht nach Zuhören, denn sie ist nahezu taub. Selten schaltet sie ihr Hörgerät auf Empfang und macht die selbstgezogene Grenze durchlässig, meist nur, wenn es ihr Job unbedingt erfordert. Bei dem Versuch, einem Urlaub aus dem Wege zu treten, lässt sie sich als Krankenschwester auf einer stillgelegten Bohrinsel anheuern. Das klingt überschaubar, wo dort eh nur noch eine Handvoll Leute ist. Doch ihr ganzer Plan gerät ins wellengleiche Wanken, als sie sich dem Patienten gegenübersieht, Josef (Tim Robbins), einem zeitweilig erblindeten Arbeiter, für den Wörter die momentane Verbindung zu seiner Umwelt sind.
„Das Schlimmste beim Filmemachen ist, anschließend darüber zu reden. Nachdem alle Beteiligten zunächst mit der Idee des Films gelebt haben, ihn dann zu dem gemacht haben, was er ist, ihn 24 Stunden am Tag geatmet und von ihm geträumt haben, ist es sehr schwer, Worte zu finden, die diesem Abenteuer gerecht werden“ , sagt Isabelle Coixet, die mit ihrem letzten Film »Mein Leben ohne mich« in einer tiefen Erinnerung blieb. Einer Erinnerung, die es uns abnötigt, mit spannender Erwartung ihren neuen Worten zu lauschen. Auch Sarah Polley ist wieder dabei und trägt diese Worte zwischen den Zeilen entlang, behutsam und bedacht, verschlossen und immer auf einer unsichtbaren Flucht vor sich selbst. Ihre Hannah zieht es vor, Josef bei der unvermeidbaren Einlieferung in eine Klinik allein und sich selbst zu überlassen. Nachdem er wieder genesen und entlassen ist, irrt Josef auf der Suche nach den verlorenen Wörtern und der verschwundenen Hannah durch ein Niemandsland, bis er sie vor den Toren eines Fabrikgebäudes wiedertrifft.