Azzurro

Drama, Schweiz/Frankreich/Italien 2000, 85 min

Den Ruhestand hat er sich redlich verdient. 30 Jahre lang war Giuseppe als Gastarbeiter in der Schweiz tätig. Er war loyal zu seinem Boss, dem Straßenbau-Unternehmer Broyer. Er ließ sich ausbeuten und gab sogar ein lukratives Patent für Teer-Isolierung kostenfrei her. Jetzt ist Giuseppe wieder daheim in Italien, lebt mit seiner Tochter und der kleinen Enkelin Carla unter einem Dach. Das Kind ist ohne Augenlicht, die nötige Netzhautoperation verzögert sich durch eine Bürokratie der Warteliste, die nur durch viel Geld verkürzt werden kann. Geld, das Giuseppe nicht hat. Dennoch will der herzkranke Greis die Dinge ein letztes Mal richten. Zusammen mit Carla reist er in die Schweiz, wo er alte Kontakte noch einmal auffrischen will. Doch die Dinge im Land von Uhren, Schokolade und Bankschließfächern haben sich sehr verändert.
Der Gewinner des Schweizer Filmpreises für den besten Spielfilm des Jahres 2000 ist ein liebenswertes Drama vom alten Mann und dem kleinen Kind unterwegs in einem fremden Land. Es geht um innere Aufrichtigkeit, darum, Verantwortung zu übernehmen und auch einmal gegen die Vernunft zu handeln. Der Regisseur beherrscht traditionelles Kinoerzählen, das sich ganz auf menschliche Stärken und Schwächen ausrichtet. Denis Rabaglias Verzicht auf Sozio-Parolen und Polit-Polemik bereichert das menschliche Spektrum der Erzählung. Sein Film erzählt von Erinnerungen und Begegnungen und welche Gefühle sich daraus ergeben. Er scheut sich dabei nicht vor Gefühlen, weiß aber auch den Witz einer knapp und trocken servierten Pointe zu nutzen. Hoffnungen und Enttäuschungen sind der Triebmotor des Films. Und wenn die kleine Francesca Pipoli irgendwann herausplatzt, wie doof sie die Schweiz findet, weil nichts so ist, wie es ihr versprochen war, dann erreicht Rabaglia eine tragikomische Qualität. Nach »Das Leben ist schön« und »Brot und Tulpen« liegt hier eine weitere Kinoperle aus Italien zur Entdeckung bereit.