Die Ahnungslosen

Drama, Italien/Frankreich 2000, 105 min

Bekannt wurde der in Italien lebende türkische Regisseur Ferzan Ozpetek mit seinem Erstling »Hamam - Das türkische Bad« - ein Überraschungserfolg nicht nur hierzulande. Mit seinem neuen Film »Die Ahnungslosen« möchte Ozpetek nun an diesen Erfolg anknüpfen. Beide Filme durchzieht ein gemeinsamer roter Faden: eine latent schlummernde Homosexualität, die sich erst im Verlaufe des Films manifestiert. Doch in beiden Filmen bildet dies nur den Hintergrund für ein weiteres, allgemeineres Thema: das sich Öffnen für eine zunächst fremd scheinende Welt.
Nach dem Unfalltod ihres Mannes steht Antonia plötzlich alleine da. Als sie auf der Rückseite eines Gemäldes eine offenbar an ihren Mann gerichtete Liebesbotschaft entdeckt, verfasst von einer geheimnisvollen Michele, macht sie sich auf die Suche nach der vermeintlichen Geliebten. Fündig wird sie in einer exzentrischen Wohngemeinschaft voller Paradiesvögel: Schwule, Transen, ein Aids-Kranker und ein überaus attraktiver junger Mann namens Michele. Für Antonia bricht eine Welt zusammen. Offensichtlich führte ihr Mann seit sieben Jahren ein Doppelleben, von dem sie nichts ahnte. Obwohl sich Antonia und die überraschend aufgetauchte Zweitfamilie ihres toten Mannes zunächst eher misstrauisch gegenüberstehen, fühlt sich die Betrogene zunehmend von diesem ihr fremden Kosmos angezogen. Ein Prozess, der durchaus auf Gegenseitigkeit beruht.
Ebenso wirkungsvoll wie in »Hamam« die kalte Yuppi-Welt Norditaliens mit der warmherzigen, den Traditionen verhafteten Welt in der Türkei kontrastiert wurde, stellt Ozpetek hier die Welt des gehobenen Bürgertums einer bunt-chaotischen Außenseiterwelt gegenüber. Ähnlich wie Almodovar gelingt es dem Regisseur, seinen Kosmos exzentrischer Charaktere liebevoll zu zeichnen, so dass der Zuschauer sie schnell ins Herz schließt. Auch die „ahnungslosen Feen“ Antonia und Michele, wie Ozpetek seine Protagonisten poetisch in der Originalfassung nennt, bewegen sich aufeinander zu - intensiver, als beiden lieb ist.
Oztepek umkreist seine Themen Liebe, Verlust und Freundschaft mit berührender Intensität. Dies gelingt nicht zuletzt durch die beiden Hauptdarsteller Margherita Buy und Stefano Accorsi, unterstützt durch die hervorragend besetzten Nebenrollen. Ein sinnlich-poetisches Melodram, das bereits auf der letztjährigen BERLINALE das Publikum zu überzeugen wusste.