Reise nach Kandahar

Mit der »Reise nach Kandahar« brachte der engagierte Movienet-Filmverleih einen Film über Afghanistan in die Kinos, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt an Brisanz seines gleichen sucht. Ein filmischer Schrei um Hilfe und ein humanistisches Plädoyer! In Form einer fiktiven Dokumentation mit Reportage-Elementen erzählt der iranische Regisseur Mohsen Makhmalbaf die Geschichte der nach Kanada emigrierten iranischen Journalistin Nafas, die versucht, ihre Schwester in Kandahar zu erreichen, um ihren angekündigten Selbstmord zu verhindern. Ihre Suche führt sie von der iranisch-afghanischen Grenze ins Reich der Taliban - das Reich einer anderen Welt. Die Odyssee Nafas, von Niloufar Pazira als tragische Schönheit hinter der Burka (dem traditionellen Schleier) gespielt, konzentriert sich auf zwei der alltäglichen Schrecken. Der erste: Das rechtlose Dasein iranischer Frauen. Der zweite: Ein Albtraum, verursacht durch Landminen, die seit Jahrzehnten für Tod und Verstümmelung sorgen.
Mohsen Makhmalbaf findet dabei Bilder, die so furchtbar real wie surreal poetisch sind. 1957 geboren, ist er mit fünfzehn Jahren für den Unterhalt seiner Familie verantwortlich. Unter dem Einfluss des Stiefvaters beginnt er, sich politisch gegen das Schahregime zu engagieren. Nach 1980 konzentriert er sich auf die Kunst, veröffentlicht Theaterstücke, Novellen, einen Roman und beginnt, sich fürs Kino zu interessieren. 1982 realisiert er seinen ersten Film »Nassuhs Reue«. Zu diesem Zeitpunkt hat er noch nie einen Fuß in ein Kino gesetzt. Seither begleitet Mohsen Mahkmalbaf mit seinem Filmschaffen kontinuierlich die gesellschaftliche Entwicklung im Iran. Intuitiv und mutig (mehrere seiner Filme fielen der Zensur zum Opfer) kommentiert er die Gegenwart mit konstruktiver Schärfe. Sowohl modern und einfallsreich, als auch fabulierend kreisen seine Filme um Wahrheit und Legende, Aufrichtigkeit und Intrige und entlarven die Beziehungen zwischen den Menschen, die Macht ergreifen, und denjenigen, die sich unterwerfen müssen.
»Reise nach Kandahar« erhielt bei den Filmfestspielen in Cannes 2001 den Preis der ökumenischen Jury.