Va Savoir
Das Theater als Ort der Enthüllung : Nouvelle-Vague-Regisseur Jacques Rivette beweist mit diesem Cannes-Wettbewerbsbeitrag, dass er auch als 73-jähriger nichts verlernt hat. Rivette schuf ein hypnotisches, exzellent gespieltes Ensembledrama, das mit großer Ruhe inszeniert wurde und mit Witz und Präzision besticht.
Eine italienische Theatergruppe macht Station in Paris. Hauptdarstellerin Camille ist mit dem Regisseur Ugo liiert, sie lieben und sie streiten sich. Ausgerechnet in Paris hat Camille drei Jahre zuvor ihren Liebhaber Pierre Hals über Kopf verlassen. Aus diesem Triangle spinnt Rivette eine köstliche Komödie. Denn Camille trifft natürlich den Verflossenen, der inzwischen Sonia liebt, die ergeben seine Manuskripte tippt und für die Bewältigung des Alltags zuständig ist. Ugo stößt bei der Suche nach einem unveröffentlichten Skript von Goldini auf die junge Dominique, die sich in ihn verliebt, zum Ärger ihres Bruders Arthur, der Sonia den Hof macht. Dass es bei dieser Konstellation knallen muss, liegt auf der Hand. Die Figuren, vor allem Camille, verstricken sich immer tiefer in ein Netz aus Lügen, am Ende ist bei allen etwas der Lack ab. Aber da die Geschichte im Literaten- und Theatermilieu spielt, wirft man sich gekonnt verbale Bälle zu, intellektualisiert Emotionen und Probleme.
Va Savoir erinnert an eine geometrische Versuchsanordnung menschlicher Gefühle, die unsichtbaren Verbindungen zwischen den einzelnen Personen entpuppen sich zeitweise als verheddertes Knäuel, nur langsam entwirren sich die Fäden der individuellen Wünsche und Sehnsüchte. Der Altmeister der Nouvelle Vague bleibt seinen Prinzipien treu, zeichnet die Charaktere mit der ihm eigenen Mischung aus leiser Ironie und tiefer Zuneigung. Französischer geht es kaum.
Buch: Christine Laurent, Pascal Bonitzer, Jacques Rivette
Regie: Jacques Rivette
Darsteller: Jeanne Balibar, Sergio Castellitto, Jacques Bonnaffé, Marianne Basler, Hélène de Fougerolles, Bruno Todeschini, Cathérine Rouvel, Claude Berri
Kamera: William Lubtchansky
Produktion: Pierre Grise Prods., Kinowelt, Martine Marignac
Bundesstart: 04.07.2002
Start in Dresden: 22.08.2002