Frida

Drama, USA 2002, 123 min

Ausgezeichnet besetzt und mit einer temperamentvollen Selma Hayek in der Hauptrolle ist »Frida« nicht nur Künstlerportät, sondern auch ein Kunstfilm, der noch dazu mit einer bewegenden Liebesgeschichte aufwartet und in einem Mexiko spielt, dass in seiner Farbenfroheit und Musikalität Lebensart jenseits der Touristenhochburgen in Cancun und Tijuana vermittelt.
“Es gab zwei große Unfälle in meinem Leben“, sagte einmal die mexikanische Malerin Frida Kahlo, „ein Autounfall und Diego Rivera“. Ersteren überlebte sie im Alter von 18 Jahren nur knapp. Mehrfache Knochen- und Rippenbrüche, sowie schwerste innere Verletzungen setzten sie lange Zeit außer Gefecht und sollten ihr weiteres Leben zu einer Tortur von Korsettagen, Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten machen. Doch die lebenshungrige junge Frau wollte sich ihr Leben nicht von ihren körperlichen Gebrechen vorschreiben lassen und stürzte sich sehenden Auges in eine Beziehung mit dem mexikanischen Wandmaler Diego Rivera. Der war Kommunist, fettleibig und 21 Jahre älter als sie, und außerdem ein Frauenheld. Er wurde ihr Mentor und Förderer, ihre große Liebe und ihr großes Leid. Zur Hochzeit versprachen sie sich nicht Treue, sondern Loyalität. Das glamouröse Paar sollte die Kunstwelt der dreißiger Jahre im Sturm erobern. Auf Einladung von Rockefeller junior reisten sie nach Amerika und schmückten die Kunstszene San Franciscos, Detroits und New Yorks. Wieder zurück in Mexiko verkehrten sie in Künstlerkreisen mit der italienischen Fotografin Tina Modotti, dem Surrealisten Andre Breton und boten dem russischen Politiker Leo Trotski Asyl.
Breton sagte einmal zu Fridas Malerei: „Worüber wir in Europa theoretisieren, du machst es einfach“, und er hielt sein Versprechen, ihr eine Ausstellung in Paris zu verschaffen. Der Louvre kaufte damals (1939) eines ihrer Werke, es war das erste einer lateinamerikanischen Künstlerin.
Über Diegos Frauengeschichten hatte sie zeitlebens hinweggesehen, als er jedoch ein Verhältnis mit ihrer Schwester begann, war für Frida das Loyalitätsgebot gebrochen. Die beiden trennten sich und Fridas Krankheiten wurden schlimmer. Ihr war egal, was die Ärzte mit ihr machten, Hauptsache sie konnte weiter malen. Diese leidvolle Zeit war ihre kreativste Phase. Ihre Bilder waren, wenn nicht schon Selbstportrait, dann doch immer Ausdruck ihres Gemütszustandes, ein Schlüssel, den sich die amerikanische Regisseurin Julie Taymor für ihren Film zunutze macht. Geschickt erweckt sie ihre Bilder zum Leben, um bestimmte Lebensabschnitte zu visualisieren um das Gezeigte anschließend wieder in einem Bild einzufrieren. Ihr biographischer Ansatz ist ein ausgesprochen künstlerischer. Sie benutzt Kahlosche Montagetechniken, übernimmt ihren Einsatz von Farben und schafft so nicht nur die Biografie einer mexikanischen Volksheldin, sondern auch einen gelungenen Künstlerfilm mit einer großartigen Liebes- und Lebensgeschichte. Dabei gelingt es ihr ein Mexiko zu zeichnen, dass seine politische Unschuld noch nicht verloren hat und als Diaspora für weltberühmte Künstler Paris kaum nachsteht. Das alles wird mit einem entsprechenden Soundtrack als ‘fiesta mexicana' serviert und wem die Farben des Films zu bunt sind, der war noch nicht in Mexiko.
Gekrönt wird das Ganze durch eine hochkarätige Besetzung, in der insbesondere Salma Hayek auffällt, die sich auch als Produzentin um den Stoff verdient gemacht hat und so Konkurrentinnen wie Madonna oder Jennifer Lopez ausschalten konnte. Selma Hayek, bisher nur als Latino-Braut (»From Dusk Till Dawn«) bekannt, spielt als wäre es die Rolle ihres Lebens. Mit Temperament und Lebenslust reißt sie den Zuschauer mit, lässt ihn teilhaben an Leid und Freud eines bewegten Lebens.
Kalle Somnitz