Die Nacht singt ihre Lieder

Drama, Deutschland 2003, 95 min

Deutsche Vorlieben, unsere Geschichte, Leidenschaft und Verblendung ziehen sich wie ein roter Faden durch die bisherigen Werke von Romuald Karmarkar (»Der Totmacher«), der zuletzt für seinen - leider nicht im Kino erschienenen - Film »Das Himmler-Projekt« mit dem renommierten Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.
“Ich halte das nicht mehr aus.“ Diese Worte, die wohl ein jeder von uns zumindest schon einmal gedacht hat, stehen am Anfang seines neuen Filmes, der im Wettbewerb der BERLINALE seine Premiere feiert. Auf einem Stück des norwegischen Erfolgsautors Jon Fosse basierend, erzählt Karmarkar diesmal die unglückliche Liebesgeschichte eines jungen Großstadtpaares: Sie ist voller Energie und Lebenslust, will Spaß haben und einfach glücklich sein. Er ist der Vater ihres gemeinsamen Babys und Schriftsteller - doch sein Leben ist ins Stocken geraten. Niemand will drucken, was er schreibt, und mit jeder Absage schwindet seine Hoffnung auf den künstlerischen Erfolg. So sitzt er den ganzen Tag desillusioniert auf dem Sofa und liest. Seine Frau lässt nicht locker - will einfach mehr vom Leben. Sie ermutigt ihn, sie provoziert und drängt schließlich raus aus der Enge ihres Alltags. Die Schwiegereltern kündigen ihren Besuch an und möchten den Enkel sehen. Doch man hat sich nichts zu sagen - und so verschwinden sie ebenso schnell, wie sie gekommen sind. Halb ratlos, halb trotzig zieht die junge Frau des nachts durch die angesagten Clubs der Stadt. Sie tanzt, sie flirtet, sie amüsiert sich. Hinter allem steht ihre Sehnsucht nach etwas Anderem, etwas Authentischem, etwas Sicherem, nach Liebe und ein wenig Geborgenheit vielleicht. Sie kehrt zurück. Zuhause ist alles wie immer - und doch radikal verändert! „Die Nacht singt ihre Lieder…“
Gemeinsam mit seinen beiden jungen Darstellern Frank Giering (»Absolute Giganten«, »Baader«) und Anne Ratte-Polle, die ihre erste Hauptrolle großartig meistert, entwickelt Karmarkar eine virtuose Studie über die Klippen des heutigen Zusammenlebens. Im ungeheuer präzisen Spiel beider Akteure entfaltet sich eine knisternde Spannung, die die prekäre Gefühlslage der Figuren für den Zuschauer unmittelbar nachvollziehbar macht, obgleich Text wie Inszenierung fast vollständig auf dramatisierende Elemente verzichten.