Takva - Gottesfurcht

Drama, Türkei/Deutschland 2006, 100 min

Fatih Akin koproduzierte diesen packenden Religionsthriller um Glauben und Geschäftemacherei in einem fantastisch fotografierten Istanbul. Er wird damit mehr und mehr zum Mittler zwischen westlichen Kulturvorstellungen und muslimischen Wertehaltungen und bringt dabei wieder einen großen Wurf zu Stande. Das inszenatorische Verdienst des zunehmend fesselnder werdenden Films geht auf das Konto von Özer Kiziltan, der fünf Jahre an seinem Spielfilmdebüt arbeitete, mit unheimlicher Konsequenz von Fundamentalismus, Fanatismus und Fahrt in den Wahnsinn erzählt und Preise in Berlin, Antalya und Toronto gewann.
Der 45-jährige Lagerverwalter Muharrem, ein streng gläubiger Muslim, lebt nach den Vorschriften seiner Sekte, die in einem der ältesten Stadtteile Istanbuls im Dergah-Kloster residiert und ein Leben in Demut und Gottesfurcht propagiert. In seiner Vorstellung ist es der Teufel möglicherweise, der ihn fast jede Nacht mit erotischen Träumen und ihren feuchten Folgen konfrontiert. Als Muharrem vom Scheich des Stifts beauftragt wird, die Mieten für die 43 Wohnhäuser, 35 Geschäftsräume und 7 Grundstücke mit Lagerräumen, die dem Orden gehören, zu kassieren, muss er ins Kloster umziehen, wird zum Geschäftsmann und mit der modernen Geschäftswelt zwischen Schmiergeldern und Mietwohnungsterror konfrontiert…
Vom Hauptdarsteller Erkan Can überwältigend gespielt, wird das seelische Armageddon Muharrems, der die Moderne mied und nun umso heftiger auf sie trifft, eine teils Furcht erregende Reise in eine abgeschottete Welt, wo Gläubige sich bei Gesängen in religiöse Ekstase steigern und den Konflikt ihrer Werte mit der Globalisierungskultur wegargumentieren. Das ausgefeilte Tondesign unterstützt den Schwindel erregenden Fall Muharrems.
Eine neue Generation scheint sich am Bosporus auf den Weg zu begeben und Werke hervorzubringen, die das türkische Kino zum aufregenden Filmland machen und »Takva« zur OSCAR-Nominierung führten.