Verblendung

Thriller, Schweden 2009, 153 min

Sissde, angesichts von »Verblendung« fällt mir gerade auf, dass der skandinavische Film der härteren Gangart in der öffentlichen Wahrnehmung eigentlich auch sehr unterbelichtet ist. Damit meine ich jetzt nicht etwa Filme wie »Dunderklumpen« oder die »Olsenbande«, sondern Werke und Hau-auf-die-Nerven-Thriller wie »Der Mann auf dem Dach« (1976) oder »Nachtwache« (1993). Allein schon das Lied des Mörders »Lille Lise let på tråd« (auf youtube nachzuhören) in »Nachtwache«, original gesungen von Paul Hagen, lässt bereits erahnen, welch’ Abgründe so in der skandinavischen Seele blubbern. Nun haben wir den Scanexport »Verblendung« vorliegen, welche aber nichts mit einem Bauteil meines schwedischen Kraftwagens zu tun hat. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman des im Jahre 2004 verstorbenen Stieg Larssons, der 2008 als das bestverkaufte Buch der EU galt. Zum Stoff: Vor über 40 Jahren verschwand die junge Harriet bei einem jährlichen Großtreffen der Industriellenfamilie Vanger. Ihr Verschwinden konnte bis heute nicht geklärt werden, jedoch die Zeichen stehen ziemlich auf Mord. Was die Tat aber um so schrecklicher für die Familie werden lässt, ist der nahe liegende Verdacht, dass der Täter den eigenen Reihen entstammt. Jedes Jahr bekommt der Familienpatriarch und Harriets Onkel Henrik (Sven-Bertil Taube) eine getrocknete Blume gesandt, so wie einst ihm seine Lieblingsnichte eine schenkte. Nun ist Henrik mittlerweile 82 und er unternimmt einen letzten Versuch, das Schicksal seiner Nichte aufzuklären. Zu diesem Zwecke beauftragt er den gerade durch eine Verleumdungskampagne geschassten Investigativjournalisten Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist). Blomkvist begibt sich auf die einsame Insel Hedeby, auf der die Familie Vanger in aller Zurückgezogenheit lebt und macht sich an seine scheinbar schier unlösbare Aufgabe. Doch auf Grund seiner Hartnäckigkeit stößt er Dank eines alten Fotos sowie einer merkwürdigen Liste mit Namen und Nummern wider Erwarten schnell auf erste Hinweise. Doch erst, als er übers das Netz an die abgefahrene Hackerin Lisbeth Salander (Noomi Rapace) gerät, kommen seine Ermittlungen gefährlich ins Rollen.
Nun kommt richtig Fahrt auf und Noomi Rapace und Michael Nyqvist liefern sich ein packendes Charakterduell. Beide brechen mit ihren Ermittlungen immer tiefer durch eine bürgerliche Fassade und geraten in einen familiären, gesellschaftlichen und ekelhaften Morast aus Nazimachenschaften, sexuellen Missbrauch, Inzest und Mord. Eine Familie am Abgrund einer Lebenslüge. Düster, bitter und grauenvoll.
Ray van Zeschau