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Orphea in Love

Drama/Tanzfilm, Deutschland 2023, 107 min

Im Zweitjob Garderobiere an der Staatsoper springt die junge Nele (Mirjam Mesak) eines Abends der Hauptdarstellerin in »Madame Butterfly« zur Seite und vollendet deren Arie. Singen ist für die junge Estin gleichbedeutend mit atmen. Und weiß Gott, ihr Leben bietet reichlich dramatische Fläche. Nur zu gern würde sie dem tristen Alltag des Callcenters entfliehen oder sich den getanzten Liebeserklärungen des schmucken Ganoven Kolya (Guido Badalamenti) hingeben. Doch dazu müsste sie zurückkehren in eine Art Hölle, müsste einem traumatischen Erlebnis die Stirn bieten und die Kraft finden, dieses Trauma zu umarmen. Der plötzliche Unfalltod ihres Geliebten lässt diese Kraft in ihr wachsen. Und so nimmt sie Höllbachs (Heiko Pinkowski) Angebot an und bahnt sich singend einen Weg durch die Unterwelt des Kulturbetriebes…
Allein für die schöne Idee, jemand möge doch endlich einmal eine erlesene Auswahl kraftvoller Opernarien verfilmen, gebührt diesem Werk Aufmerksamkeit. Und mehr noch. Denn Axel Ranisch ist auch der bewundernswerte Einfall zu verdanken, zum Überbringer der gesungenen Botschaften, zur zentralen Figur seiner Geschichte einen der ältesten Sängercharaktere der Mythologie zu wählen: den um seine Geliebte trauernden Orpheus. Als sich Ranisch bei einer früheren Zusammenarbeit mit der Opernsängerin Mirjam Mesak sowohl in deren Gesang, wie auch in ihr schauspielerisches Talent verliebte, nahm er diesen Musenkuss zum Zeichen und empfing seine neue Orphea mit offenen Armen. Gemeinsam bauten sie eine Geschichte um die zuvor getroffene Auswahl an Liedern. Diese wurden der Soundtrack von Neles Kampf & Leben, und ganz nebenher klopften beide deren Zeilen ab auf etwas Gehalt fürs eigene Ringen mit den Widrigkeiten. Ranisch gefiel es, Staub zu wischen auf dem Begriff Oper. Er wollte diese von Alters her dem Bildungsbürgertum eigene Kunstform buchstäblich zurückbringen zu den Menschen auf der Straße. Die kausale Kette umdrehen. Wo ein Lied wieder direkt aus einem soeben empfundenen Schmerz entsteht. Oder, um es mit Sorbas zu erklären; was soll ein Mann machen, wenn er voll von etwas ist? Soll er platzen? Nein. Er tanzt. Und so wie Kolya tanzt, singt sich Nele ihre Seele aus dem Leib. Vorsicht, liebes Publikum: atmen nicht vergessen!
alpa kino