Menschenkind

Drama, USA 1998, 172 min

Mehr als zehn Jahre ließ TV-Superstar Ophra Winfrey vergehen, um nach „Die Farbe Lila“ wieder vor die Filmkamera zu treten. Erneut ist es ein Familienepos, das die Geschichte der Sklaverei und ihre Auswirkung auf eine schwarze Familie behandelt, und erneut hat Winfrey einen Meisterregisseur, Johnathan Demme („Philadelphia“) zur Seite, der die Romanvorlage von Nobelpreisträgerin Toni Morrison, im Gegensatz zum Buch, wie einen zum Zerreißen angespannten Mix aus „Amistad“ und „Das Geisterhaus“ inszenierte. Im Zickzackkurs geht es durch das Leben der ehemaligen Sklavin Sethe, um die erschreckenden Ereignisse in ihrem Haus, am Rand von Cincinatti, auszuloten und mit einem Höchstmaß an Intensität zu erzählen. Verlassen von ihrem Mann und ihren Söhnen, lebt sie ihr Leben als Paria und lässt selbst die ständigen Heimsuchungen eines Poltergeistes fatalistisch über sich ergehen. Sie vermutet eine Manifestation ihrer als Kleinkind verstorbenen Tochter .Kein Zweifel, „Beloved“ ist virtuos gefilmt (Kamera: Tak Fujimoto), anders als Spielberg, der für Amistad einen akademischen Ansatz wählte und Weiße über das Schicksal der Afrikaner debattieren ließ, wählt Demme eine, aus dem Inneren heraus, hermetisch abgeriegelte Sicht, auf von der Sklaverei vernarbte Seelen, die vom Horror ihrer Existenz zu Unaussprechlichem getrieben werden. So gesehen ist diese dreistündige Irrfahrt ein Triumph, ein emotionaler Rapport, über eines der dunkelsten Kapitel der amerikanischen Geschichte, der sich nicht von Gefühlen bewältigen lässt. Als Drama scheitert Demmes Fegefeuer jedoch: Zu offensichtlich ist die, in einer mutigen Performance ohne einen Hauch von Eitelkeit dargestellte Titelfigur (Thandie Newton), als dass man ihr den Zauber abnehmen würde, den sie auf ihre Familie ausübt. Dank der sensationellen Kimberley Elise als jüngere Tochter, die das Ruder in der letzten halben Stunde übernimmt, und den Film als Verzweiflung gegen das Schicksal stemmt, hebt „Beloved“ endlich ab. Zu spät vielleicht, wie enttäuschende Startzahlen in den USA belegen mögen.

Regie: Jonathan Demme

Darsteller: Oprah Winfrey, Danny Glover, Thandie Newton

Bundesstart: 15.04.1999

Start in Dresden: 15.04.1999