Tuesday, After Christmas
Die Rumänen „scheinen nach wie vor unfähig zu sein, schlechte Filme zu machen“ schrieb die Los Angeles Times über diesen Film und die vielen anderen wie »4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage« oder »Der Tod des Herrn Lazarescu«. Auch wenn sie in ihrem Heimatland eher unbeachtet bleiben - das deutsche und westliche Art House-Kino wäre ohne sie um einige spektakuläre Filme ärmer. Das Spektakuläre liegt aber im Kleinen, Leisen und Langsamen. So im aktuellen Werk von Radu Muntean: Da gibt es Szenen, die bis zu zehn Minuten ohne Schnitt auskommen. Die Geschichte ist ganz einfach, fast alltäglich. Ein Mann, seit Jahren nicht einmal unglücklich verheiratet, ein Kind, verliebt sich in eine andere. Wir sehen das Glück mit der neuen, die Vertrautheit mit der Ehefrau und spüren stets, dass da was ist. Weil er kein gemeiner Typ ist und auch nicht abgebrüht genug, hält er die Spannung und das Lügen schwer aus. Es gibt den eingespielten Alltag mit der Familie und Streit mit der Geliebten, weil immer alles heimlich passieren muss und durch einen dummen Zufall die beiden Frauen sich auch noch begegnen.
Wahrlich, das klingt nicht aufregend, aber die Intensität, die sich auf der Leinwand entfaltet und von dort auf das Publikum überträgt, ist begeisternd. Durch die langen Einstellungen wird man zum Zeugen und Mitwisser des Geschehens, die Anspannung der Figuren ist fast greifbar, aber kaum beschreibbar: Wenn Paul vage eine Geschäftsreise erfindet, um die Geliebte Raluca zu treffen, wenn Raluca vorgeblich entspannt die Frau von Paul begrüßt. Weil die Kamera in solchen Momenten nicht weg schwenkt oder ein Schnitt schon zum nächsten Gedanken überleitet, ist das vom Regisseur beschriebene Ziel, „eine Geschichte über Intimität“ zu erzählen, so gelungen. Das Können der Schauspieler und eine ganz und gar zurückgenommene Kamera an einem fixen Punkt lässt eintauchen in die Gefühlswelt der Protagonisten - und ihr Dilemma, das sie mit der Vernunft bekommen, denn irgendwie hat diese Entwicklung ja keiner so gewollt. Und dann steht auch noch Weihnachten mit all seinen Verpflichtungen und Familientreffen vor der Tür… Wir schauen zu, leiden mit und haben doch auch keine Lösung für ein unlösbares Problem.
Petra Wille
Buch: Alexandru Baciu, Razvan Radulescu, Radu Muntean
Regie: Radu Muntean
Darsteller: Mimi Branescu, Mirela Oprisor, Maria Popistasu, Dragos Bucur, Victor Rebengiuc
Kamera: Tudor Lucaciu
Produktion: Multi Media Est, Dragos Vilcu
Bundesstart: 06.10.2011
Start in Dresden:
FSK: ab 6 Jahren