No Place on Earth - Kein Platz zum Leben
Kino ist dann großartig, wenn der Zuschauer seinen Augen nicht trauen mag, wenn er nicht glauben kann, was sich auf der Leinwand abspielt. Dieser Dokumentarfilm erfordert enorme Vorstellungskraft, erzählt seine Geschichte doch von dem unvorstellbaren Kraftakt des Überlebens. Zufällig steigt der in New York lebende Höhlenforscher Christopher Nicola 1993 bei seinem Besuch in der Westukraine hinab in die Vertaba-Höhle. Dabei stößt er auf Artefakte von menschlicher Besiedlung. Teller, Schuhe, private Dinge eben, die allenfalls 60 oder 70 Jahre dort unten liegen können. Er beginnt nachzuforschen. Im nahegelegenen Dorf Korolowka vernimmt Nicola bestürzt das Schicksal von Esther Stermer und ihrer Familie, die im Herbst 1942, als die Jagd auf die jüdische Bevölkerung offensichtlich den Höhepunkt erreichte, ihre Leute und insgesamt 27 Verfolgte überredet, sich in der nahe gelegenen Vertaba-Höhle vor den Deutschen zu verstecken. Ein mutiger Entschluss und ein verzweifelter zugleich, denn die meisten von ihnen werden für anderthalb Jahre keine Sonne mehr sehen. Im Gegenteil, deutsche Eindringlinge zwingen im Frühjahr 43 den Großteil der Familien, sich ein neues Versteck zu suchen. Sie entdecken eine andere, eine 123 km weit verzweigte Höhle, die Priestergrotte, und lassen bei ihrem „überstürzten Umzug“ alles Hab und Gut dort zurück, wo es Christopher Nicola fünfzig Jahre später entdecken sollte. Wie ein Überleben unter derlei Umständen überhaupt möglich war und welche Überraschungen der komplett fassungslose Nicola bei seiner Suche nach ebenjenen erlebte, die ihm davon berichten könnten, erzählt diese Doku in atemberaubend klaustrophobischen Bildern. Wenn die fast 90-jährigen Saul und Sam Stermer mit ihren Nichten und Enkelkindern zum Schluss noch einmal hinabsteigen in das nasse, dunkle Loch, dann ist auch das ganz sicher ein unvorstellbarer Kraftakt.
alpa kino
Regie: Janet Tobias
Kamera: César Charlone
Bundesstart: 09.05.2013
Start in Dresden:
FSK: ab 12 Jahren