Wenzel - Glaubt nie, was ich singe
Wenn einer der wahrhaftigsten Typen dieses Landes, dessen Beruf auch noch darin besteht, als Liedermacher von eben dieser Wahrhaftigkeit zu künden, hier verhandelt wird unter seinem Titel von 2007 »Glaubt nie, was ich singe«, dann sind wir mitten im Leben von Wenzel: lange Haare, Matrosenhemd und jedes Lied ein Liebeslied. Geboren mit dem bürgerlichen Namen Hans-Eckardt im Jahr 1955 in Kropstädt bei Wittenberg, gilt er im besten Sinne bald als aufsässig, als er 1976 das Liedertheater „Karls Enkel“ gründet oder mit Steffen Mensching der real existierenden „Da Da eR“ seine liebevoll zirzensisch gebauten Programme widmet, die folgerichtig zu Auftrittsverboten führen. Dass er nach dem Ende der DDR nicht händeringend nach Stoff suchen musste, lag wohl daran, dass der sogenannte Westen ja gar nicht anders war, nur reicher und egoistischer. Seine Lieblings-Antagonisten, also alle Facetten von Kleingeistern, Untertanen, Lobbyisten oder neuerdings auch Wutbürger und Impfgegner lebten auch weiterhin hier. Und dann gab es in den vergangenen drei Jahrzehnten auch noch die Welt zu bestaunen, die einem Poeten wie Wenzel in jeder Minute wunderbare Geschichten vor die Füße und in die Feder spült. Mit Woody Guthries Tochter Nora im riesigen Fundus des berühmten Vaters zu stöbern oder neben Neuvertonungen auch deutsche Übertragungen von bereits existierenden Stücken erarbeiten zu dürfen - das gilt unter den Liedermachern dieser Welt wohl schon als Ritterschlag, und wie selbstverständlich heftet sich Wenzel auch noch den Orden an die Brust, mit Noras Bruder Arlo Guthrie in den USA oder Deutschland zu spielen. Daheim ruft der Barde vor 15 Jahren in Kamp ein kleines Liederfestival ins Leben, um seiner Heimatgemeinde am Stettiner Haff Geld in die Hafen-Kasse zu spülen. Er ist erklärtermaßen ein Mann des Meeres, weil sich die schöneren Geschichten erzählen lassen von etwas, das ständig in Bewegung ist. Weil die Menschen an den Küsten dieser Welt pragmatischer und auf witzige Weise ironischer sind, macht es sie ihm vertrauter und willkommener, ihn, der sich selbst lieber an den Rändern dieser Gesellschaft aufhält. Weil der Todfeind von Wahrhaftigkeit der Opportunismus ist. Und der gedeiht am prächtigsten in der Mitte.
alpa kino
Buch: Lew Hohmann
Regie: Lew Hohmann
Darsteller: Hans-Eckardt Wenzel
Kamera: Thomas Simon
Sprecher: Marina Behnke
Produktion: Clip Film, MDR, rbb, Thomas Simon, Frank Engelmann, Günter Thimm, Thomas Simon, Jens Stubenrauch, Thomas Beyer
Bundesstart: 11.05.2023
Start in Dresden: 11.05.2023
FSK: o.A.