17. Juni 2019

John Wick: Kapitel 3

Zum dritten Mal gibt Keanu Reeves den nahezu unaufhaltsamen Killer. Entstanden ist ein beeindruckendes Ballett des Todes.
John Wick: Kapitel 3

Zum dritten Mal gibt Keanu Reeves den nahezu unaufhaltsamen Killer. Entstanden ist ein beeindruckendes Ballett des Todes.

Selbstjustizstreifen haben im Actiongenre eine lange Tradition. Meist ist dabei der gewaltsame Tod eines Familienangehörigen die Initialzündung für einen moralisch zweifelhaften Rachefeldzug des Protagonisten/der Protagonistin. Das einzig Innovative ist dann oftmals lediglich die Art und Weise, wie die vermeintlich Schuldigen aus dem Leben scheiden. Oder, wie bei »John Wick« aus dem Jahre 2014, die Prämisse für den blutigen Amoklauf: der Tod eines Hundes (ein Geschenk der verstorbenen Frau).

Das Lachen über diese hemdsärmelige Ausgangssituation blieb mir damals allerdings schnell im Halse stecken. Das knallharte Filmchen von David Leitch (»Atomic Blonde«) und Chad Stahelski, der auch »Kapitel 2« und nun »Kapitel 3« inszenierte, bot handgemachte Old School-Action par excellence, eine physisch beeindruckende Performance von Hauptdarsteller Keanu Reeves und war ein wohltuender Gegenentwurf zu den physikalischen Absurditäten, die uns Jahr für Jahr von »Fast & Furious« und Co. um die Ohren gehauen werden. Der Erfolg überraschte offenbar selbst die Macher, so dass eine Fortsetzung (leider?) unausweichlich war.

 

Im Gegensatz zu Wicks Gegenspielern habe ich inzwischen aber dazugelernt: Statt wie in der ersten Fortsetzung vergeblich auf eine charakterliche Weiterentwicklung der Ein-Mann-Armee zu hoffen, soll es jetzt in Runde drei bitte nur noch ordentlich knallen – und mein lieber Scholli, das tut es!

 

Regisseur Stahelski und seinen vier(!) Drehbuchautoren (wozu bitte? Einer für jeden der vier Sätze, die Keanu in 131 Minuten von sich gibt?) liegt nichts daran, eine kohärente Geschichte zu erzählen, sondern lediglich darum, ihren Kampfkunstmeister von einem Kriegsschauplatz zum nächsten zu lotsen. Dass er all diesen nach blutigen Konfrontationen lebend – oder halbtot, je nach Sichtweise – wieder entfliehen kann, steht nicht zur Debatte. Das kann man/frau belächeln und für Nonsens halten – oder schlicht genießen.

»John Wick: Kapitel 3« ist bezüglich der Kampfchoreografien, Visualisierung und Schnitttechnik bemerkenswert: In langen Einstellungen, so genannten One Takes, treffen die Kontrahenten aufeinander, beweisen enorme körperliche Fähigkeiten und lassen ihr Publikum ohne störende Zwischenschnitte daran teilhaben. Ähnlich einer frühen Szene im Film, wähnt man sich wie vor einer Theaterbühne sitzend, auf der ein Ballett des Todes kredenzt wird – schmerzhaft und schön zugleich.

Ist diese stilisierte Gewaltdarstellung verwerflich? Sind unzählige Kopfschüsse, Messerangriffe und das Hetzen von Hunden auf Menschen die geeigneten Zutaten für einen unterhaltsamen Kinoabend? Zweifel sind gerechtfertigt. Aber ebenso die Überzeugung, dass hier ein Kunstwerk à la »The Raid« geschaffen wurde, das im Genre des Actionkinos seinesgleichen sucht.

https://www.youtube.com/watch?v=ydNL6TWeds4