19. August 2010

Eine kleine kanadische Perle namens Splice – Das Genexperiment

Kommt da plötzlich eine kleine kanadische Perle daher, die sich vornehmlich als typischer Monsterfilm tarnt, ansonsten jedoch wenig gemein hat mit seinen substanzlosen Geschwistern.
Eine kleine kanadische Perle namens Splice – Das Genexperiment
Horrorfilme gibt es wie Sand am Meer, keine Frage. Wie wenig innovativ diese Form der Unterhaltung ist, zeigen die zahlreichen Neuverfilmungen „alter Klassiker“, die meist nicht mehr sind als eine Variation des Abzählreims. Doch dann kommt da plötzlich eine kleine kanadische Perle namens Splice daher, die sich vornehmlich als typischer Monsterfilm tarnt, ansonsten jedoch wenig gemein hat mit seinen substanzlosen Geschwistern.

Sogar der Plot passt zunächst wunderbar ins Klischee: Ein ehrgeiziges Wissenschaftler-Paar züchtet sich verbotenerweise eine Kreatur im Labor zurecht, die zunächst auf Krawall gebürstet ist. Was folgt, ist zwar mit den üblichen Versatzstücken des „Frankenstein“-Motivs gewürzt, jedoch in Bezug auf den Verlauf sowie das Verhalten seiner drei Charaktere ordentlich durcheinander gewürfelt.

Überraschung Nummer Zwei ist nämlich die strikte Verweigerung von Regisseur und Autor Vincenzo Natali, sein Monster Monster sein zu lassen. Stattdessen erlebt der Zuschauer die Evolution eines Lebewesens, das dem Menschen immer mehr ähnelt – körperlich und seelisch. Und sich damit als dritte aktiv handelnde und denkende Figur sukzessive zwischen seine Eltern drängt. Diese reagieren darauf, dank des glaubhaften Spiels der fabelhaft besetzten Charakterdarsteller Adrien Brody und Sarah Polley (= Überraschung Nummer Drei), nur allzu menschlich: mit Liebe, Ablehnung und Brutalität.

Was »Splice« so besonders macht, ist Natalis Talent, das Wesen als Spiegelbild seiner Eltern erscheinen zu lassen: fragil im Erscheinungsbild, klug im Handeln, und doch mit einem giftigen Stachel auf dem Rücken gesegnet, der blitzschnell den Tod bringen kann. Quasi das Innere des Menschen in lebendiger Gestalt. Nichts anderes suggeriert dessen Name: „Dren“ ist die Umkehrung von „Nerd“, ein Begriff, der für das intelligente, jedoch sozial unfähige, weil eitle Individuum steht.
So knüpft der Film inhaltlich an die großen Werke des Genres an – »Alien«, »Night of the Living Dead«, »Nosferatu«. Auch sie konfrontierten den Menschen letztendlich nur mit seinem dunklen Ich und entlarvten ihn dabei als die einzig wahre Bestie. Das ist der echte Horror.
Csaba Lázár