10. Dezember 2014

Der perfekte Kinoabend geht so!

Von attraktiven Professoren, Luis Buñuels Meisterstück, mächtig subtil aufgeladenen Filmen und der Freude auf die nächsten französischen Filmtage
Der perfekte Kinoabend geht so!
Der perfekte Kinoabend geht so: Es ist Buß- und Bettag, ganztägig Dauerregen, die Kinder haben erste Maßnahmen in Richtung Weihnachten getroffen (Kerzen verzieren), der Mann hat viel Kaffee genossen, um den Tag im Wachzustand zu überleben, also Regen, Kerzen, Kaffee, familiäre Gereiztheit hat gottlob nicht stattgefunden. Vielleicht, weil der Abend einen französischen Film im Programmkino Ost bringen soll. Die 18. novemberigen Filmtage eben, und diese 18 ließ einen Journalisten kalauern, dass die Filmtage nun erwachsen geworden seien. Na toll. Leider finden sie im nächsten Jahr gar nicht statt, dafür aber ab 2016 forever im Mai.

Beaujolais trinkt man ja auch gern am holzigen Gartentischlein. Heuer jedenfalls fallen sie noch auf den Herbst und bieten am Bußtag eine Sneak Preview. Leider will keiner mit, alle Facebook- und sonstigen Anfragen an Freunde laufen ist Leere. Dann eben allein. Aus dem Fenster schauend überlegt man, ob auf dem Weg ins Kino noch der Biomüll rauszubringen wäre, oder hat das bis morgen Zeit, da steigen die Lieblingsnachbarn mit ihrer Kinderschar aus dem Auto, es ist schon sehr dunkel, in 20 Minuten startet die Preview. Jetzt aber los. „Kommst du mit? Französische Filmtage!" schreie ich aus dem Fenster, „dein Mann kann doch die Kinder ins Bett...“ Eingebildete oder echte Erleichterung lese ich im Gesicht der Nachbarin, zwei Minuten später sitzen wir im Auto und kommen trotz Biomüll noch zeitig genug an, um eine Zigarette am Stand der französischen Lebensart (Rotwein, Baguette, Camembert) zu schnorren. Dann geht’s los, „Der Wein ist auch gratis.“ gurre ich wie der Weihnachtsmann und wir sehen entzückt, wie Mathieu Amalric auf der Leinwand seine erste Zigarette entzündet. „Mensch, den habe ich doch gerade erst auf ARTE gesehen, in »Huhn mit Pflaumen«.“ flüstert die Nachbarin begeistert, „ich hab den in Wien, in einem ganz alten Kino...“ murmele ich zurück, dann sagen wir nichts mehr, sondern geben uns Amalric und den Wein und »Liebe ist das perfekte Verbrechen« (Foto).

Es geht um einen ziemlich attraktiven Professor, der Literatur lehrt und ausgewählte Studentinnen vernascht. Es gibt einen Mord und es findet mächtig viel Amour fou statt – was sonst. Selbstverständlich zitieren die Regiebrüder Larrieu Luis Buñuels Meisterstück »Das goldene Zeitalter«. Für uns ein Anlass kurz über dessen Memoiren „Mein letzter Seufzer“ zu referieren, vor allem über seine treffliche Idee einer äußerst undemokratischen Bar. „Zum Kanonenschuss“ sollte sie heißen, weil vor ihrer Tür eine Kanone stehen und immer dann abgefeuert werden sollte, wenn ein Kunde tausend Dollar auf den Kopf geklopft hatte. Bunuel stellte sich vor, wie ein kleiner Angestellter, in tiefer Nacht von den Schüssen geweckt, zu seiner Frau sagt: "Wieder so ein Saukerl, der tausend Dollar auf den Kopf gehauen hat." Schöne Sache und schade, dass es keine Bars gibt, die so heißen, wahrscheinlich fehlt es an Kanonen, an mangelnder Kohle kann es ja nicht scheitern. Zurück zum Film, er ist äußerst schwarzhumorig, ziemlich dekadent, und mächtig subtil sexuell aufgeladen. Die bringen es eben, die Franzosen. Wir genießen den Showdown, Amalrics exzessives Nasenbluten und Maïwenns aufgeworfene Lippen, stecken uns zwei Zigaretten zwischen dieselben und eine Handvoll Gauloises-Streichholzbriefchen in die Taschen. Es ist Nacht, wir schlendern zum Auto und freuen uns auf die nächsten Französischen Filmtage. Im Mai. Nur wer versüßt uns dann den Buß- und Bettag?
Grit Dora

PS: Der Film erscheint bei uns leider nur auf DVD