25. Juni 2025

Blood & Sinners – Knoblauchdampf und Blutfontänen im Nachtklub, Pro & Contra, Kritik

Dieser Film sorgte für Aufsehen. Der kommerzielle Erfolg überraschte ebenso die Umsetzung. Was meinen unsere Kritiker dazu?
Blood & Sinners – Knoblauchdampf und Blutfontänen im Nachtklub, Pro & Contra, Kritik

Pro

Nach seinen Megahits »Creed« und den »Black Panther«-Filmen wagt sich Ryan Coogler nun an einen Stoff, der weder auf wahren Begebenheiten noch auf einem Franchise basiert. Trotzdem entbrannte ein regelrechter Bieterwettstreit um das Projekt. Am Ende standen dem »Fruitvale Station«-Regisseur satte 90 bis 100 Millionen Dollar zur Verfügung. Eine unerhörte Summe für einen historischen Horrorfilm! Statt in CGI floss die Kohle vor allem in Sets und Ausstattung. Fein gemacht. 

Die berüchtigten Zwillinge Smoke und Stack kehren nach sieben Jahren Prohibitions-Reibach in Chicago in ihre Heimatstadt Clarksdale zurück. Gerüchten zufolge haben sie sogar für Al Capone persönlich gearbeitet. Jetzt wollen sie in einer leerstehenden Mühle einen Nachtclub eröffnen. Was könnte da schon schiefgehen? 

Die erste Filmhälfte wirkt noch wie ein überfinanzierter Scorsese-Streifen, aber das allein wäre ja langweilig, oder? Beim Story-Umschwung vom Sonnig-Melodischen zum Düster-Beklemmenden hat sich Coogler bekennend von Metallicas Anti-Kriegs-Hymne „One“ inspirieren lassen. Es geht sowohl um die heilende, als auch die zerstörerische Kraft der Musik. Alles zusammen geschickt verwoben zu einer packenden Vampir-Mythologie, stellt »Blood & Sinners« dabei die Frage, die uns schon seit »Krieg der Sterne« beschäftigt: Haben die Antagonisten vielleicht mehr Spaß als der Rest von uns? »Blood & Sinners« aka „From Dusk Till Zahn“: Dieser Film ist nicht nur ein visuelles Fest, sondern auch mehr als zwei Empfehlungen wert. Mindestens. 

José

 

Contra

Er schwelgt in märchenhaften Farben und atmosphärischen Bildern. Nachtschwarz, baumwollweiß und blutrot sind seine Südstaatenbilder. Und er bringt die Leinwand mit Blues zum Vibrieren. Regisseur Ryan Coogler, sehr erfolgreich mit Blockbustern wie »Creed«, »Black Panther« und »Black Panther 2«, steigt in den Vampirboxring und versucht sich ersichtlich an Robert Rodriguez zu messen, indem er sich an dessen Kultfilm »From Dusk Till Dawn« (1996) abarbeitet. Salma Hayek, Juliette Lewis, George Clooney und Harvey Keitel spielten damals unvergleichlich cool auf, Quentin Tarantino verantwortete das Drehbuch und war auch als Spieler Teil der blutigen Party im unvergesslichen „Titty Twister“. Die hochkomischen Figurennamen, die rasanten Dialoge, der überbordende Fernfahrer- und Vampirwitz sind Legende. 

 

Im Unterschied zu Rodriguez wählt Coogler das Vampir-Genre nicht als Steilvorlage für Parodie, Ironie und Geselllschaftssatire. Er folgt der Spur des Blues auf die Baumwollplantagen in das Mississippi der 1930er Jahre, die auch die Spur blutiger Ausbeutung ist. Die Zwillinge Smoke und Stack (Michael B. Jordan in auch technisch perfekt gemachter Doppelrolle) sind dem brutalen unfreien Leben zeitweise entkommen, haben in Chicago eine klassische Gangsterkarriere gemacht und kehren nun mit ihrem Reibach und einer Fuhre Alkohol nach Hause zurück, um in einer leerstehenden Mühle einen Nachtclub zu eröffnen und noch mehr Geld zu verdienen. Es gibt unterschiedlich erfreuliche Wiedersehen mit alten Bekannt- und Liebschaften, die dann am Abend alle in der Mühle auftauchen. Größtes Pfund für eine gelingende Nacht scheint Cousin Sammie (Miles Caton) zu sein, ein herzergreifend singender junger Bluesgitarrist, der mit seinem himmlischen Spiel aber leider auch die Pforten der Hölle öffnet. Der verdammt musikalische Teufel in Gestalt des irischstämmigen Vampirs Remmick (Jack O’Connell) möchte Sammie auf die dunkle Seite der Macht ziehen. »Blood & Sinners« nimmt sich eine Stunde Zeit, um die Südstaatenatmosphäre der Zeit zu installieren und das Leben der Schwarzen incl. Holzmünzen und Schuldscheine plastisch zu machen. Lebensfreude findet statt, es wird gesungen und getanzt, was das Zeug hält. In einem ersten furiosen Finale hebt die musikalische Energie alle Grenzen von Raum und Zeit auf,  Trommelgruppen, Bluesmusiker, futuristische E-Gitarristen, Hip-Hop-Kids und afrikanische Trommelgruppen verbinden sich in der alten Mühle zur gemeinsamen Feier. Dann kippt die Situation, der gleichfalls virtuos aufspielende Vampir entert mit seiner blutigen Band die Tanzfläche, es gilt Knoblauch und Holzpfähle zu schwingen und bis zur Dämmerung durchzuhalten.

 

Ryan Coogler schafft es bis hierhin konsequent, wenn auch nicht klischeefrei, die Geschichte von Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt anzureißen und findet mit dem Musikervampir ein vielschichtiges Bild: Das Böse kommt immer von den Weißen, der Teufel scheint der einzige Ausweg für die Schwarzen. Gib ihm Deine Seele, dann ist wenigstens Dein Körper frei. Leider mündet diese Erzählung in einen komplett ironiefreien Blutrausch und schon vorher wird jede Andeutung auserzählt oder eineindeutig erklärt. Ryan Coogler inszeniert sehr persönlich und mit ehrlicher Empörung. Das ist nachvollziehbar und ehrenwert, aber ein humorfreier Tanz mit Vampiren kann nicht mehr sein als ein eintöniges Massaker. Eine angehängte Rache-Szene als Verneigung vor Quentin Tarantino und ein weiteres nachgeschobenes Ende, das Jim Jarmuschs »Only Lovers Left Alives« zitiert, führen um so deutlicher vor, wie Coogler am Thema scheitert. Alles gut gemeint, aber so platt gemacht. Da helfen auch die schicken Bilder und die herzerwärmende Musik nicht.

Grit Dora

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