7. August 2019

Kopf hoch, Zombies!

»The Dead Don’t Die« - Jim Jarmusch lässt die Untoten tanzen
Kopf hoch, Zombies!

Es beginnt auf dem Friedhof, dort endet es auch und es wird kein gutes Ende sein. Cop Ronald (Adam Driver) weiß das, denn er hat das ganze Drehbuch lesen dürfen – im Gegensatz zu seinem Kollegen und Filmvater Sheriff Cliff (Bill Murray), der nur die Szenen bekommen hat, an denen er beteiligt ist. Ein Scheißkerl, der Jim! 


Durch polares Fracking ist die Erdachse aus dem Ruder, die Tageszeiten machen, was sie wollen, die Haustiere verschwinden. In Centerville, USA, geht die Sonne nicht mehr recht unter, in unheilvollem Dämmerlicht steigen die Toten aus ihren Gräbern. Sie haben Durst: Auf Kaffee und Chardonnay. Sie sind auf der Suche nach freiem WLAN. Und sie sind sehr hungrig. Zuerst müssen die Frauen im örtlichen Diner (Eszter Balint und Rosal Colon) dran glauben. Nachdem Iggy Pops grandios ferngesteuert gespielter Superzombie herzhaft zugebissen hat, findet er die Kaffeekanne und kippt sie sich mit viel Genuss an Untoten-Motorik gegen den Kehlkopf. Derweil steigen noch mehr Ghule aus den Gräbern, und für die wenigen Menschen in Centerville wird es eng. Als da sind: eine schottische Bestattungsinstitutsleiterin (Tilda Swinton), ein Trump wählender Farmer (Steve Buscemi), ein Eisenwarenhändler (Danny Glover) und der örtliche Filmfreak (wunderbar: Caleb Landry-Jones). Dazu kommen noch ein paar Jugendliche aus der Besserungsanstalt, drei Hipster aus der Großstadt als überregionales Zombiefutter und die schon erwähnten Cops, ergänzt durch ihre Kollegin Mindy (leicht hysterisch: Chloë Sevigny). Tom Waits ist selbstverständlich auch an Bord und spielt mit knallharter Märchenonkelperücke einen Einsiedler, der noch mal raunend zusammenfasst, was eh alle wissen: Die Welt ist gefickt! 


Den Aufmarsch der Untoten nehmen denn auch alle Beteiligten wenig erstaunt zur Kenntnis. Man holt, was der Baumarkt her gibt, Cineasten wie der junge Cop und der Freak wissen, wie Zombies außer Gefecht gesetzt werden: Den Kopf töten. Also Kopf hoch, ihr Ghule! Und dann runter damit. 


Tilda Swintons Bestattungsunternehmerin schwingt ihre asiatische Klinge besonders effizient, wählt dann aber den Ausgang in ein anderes Genre. Das kleine Menschengrüppchen schwindet weiter. Jim Jarmusch macht dabei Unterschiede. Zombie-Kinder werden nicht geköpft, Menschen-Jugendliche nicht gebissen, junge Erwachsene aber schon. 


2013 schaute der Regisseur in »Only Lovers Left Alive« mit Vampiraugen auf den Zustand der Welt. Tilda Swinton und Tom Hiddleston als abgeklärteste (und schönste) Vampire ever mussten darauf achten, sich nicht mit kontaminiertem Blut zu verseuchen und parlierten elegant über die Zerstörung der Erde. Aus Sicht der Vampire waren die lebenden Menschen die Zombies.

Nun liefert Jarmusch den nächsten stilistisch einwandfreien Autorenkommentar zur zunehmenden Zombieisierung der Welt, entscheidet sich diesmal für die B-Movie-Variante und zitiert George A. Romero und Ed Wood. Aus Gründen. Es macht Spaß, dabei zuzuschauen, wie er Trash nicht kann. Die Aussage geht ungefähr so: Leute, wenn das, was auf der Welt gerade los ist, euer Ernst ist, dann ist dieser Film hier meiner. 

Was Jarmusch kann, wie kein zweiter: Die Romantik des Autofahrens in Szene setzen. Darin ist er verdammt amerikanisch und europäisch zugleich. Er huldigt den ikonographischen Bildern des Kinos, besonders seinen eigenen, Umwelt hin oder her. Es ist Kunst. Im Alltag wird er wohl den Mystery-Train nehmen.

Wie auch immer, Selena Gomez rollt in einem alten Pontiac in Centerville ein und Tilda Swinton in einem Smart raus in Richtung Himmelfahrt. Ganz schön schön das.

Grit Dora

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