Überall Chinesen!
Immer, wenn in US- Kinofilmen ein Team aus Spezialisten zusammengestellt werden musste, gab man zur politisch korrekten Würze und mit Blick auf die Publikumsmischung einen Schwarzen und/oder einen Latino dazu... später gern auch als weibliche Variante (man geht ja mit der Zeit). Seit einigen Jahren tummeln sich aber auch immer mehr Chinesen am amerikanischen Filmset, wobei es da nicht um die versierten Haudegen Jacky Chan und Jet Li geht. Nein, plötzlich tauchen ganz unbekannte Asiaten auf, und überraschend häufig sind chinesische Städte, Strände, Firmen, Produkte und Sehenswürdigkeiten Schauplatz in gängigen Blockbusters. Bestes Beispiel ist der gerade anlaufende Megahaifischfilm: »The Meg« (siehe Vorschau).
Obwohl Jason Statham der Titelheld ist, spielt die Fischereistory doch (anfangs) im Chinesischen Meer, und im Team sind Winston Chao als Chef und Bingbing Li als seine Tochter engagiert. Diese Umstände lassen sich so oder ähnlich seit einigen Jahren auf der Kinoleinwand beobachten und ich vermutete eine geheime Verschwörung, gegen die Putins Wahlkampfbots für Trump ein Fliegenschiss waren. Doch weit gefehlt, beide Filmnationen: USA und China, arbeiten ganz offiziell zusammen, zum beiderseitigen Nutzen. Der Grund für die „Chinaisierung“ Hollywoods liegt im reizvollen Markt im Reich der Mitte. Der Wohlstand wächst und die Zeit der billigen Raubkopie-DVDs scheint zu schwinden. Tausende neue Kinos wurden und werden gebaut, eine Milliarde potentieller Besucher warten am anderen Ende der Welt mit ihrem Geld.
Doch das politische System schiebt dem fetten Reibach einen Riegel vor: Nur 34 ausländische Filme pro Jahr dürfen aufgeführt werden, und dazu kommt (natürlich) noch eine strenge Zensur bezüglich Gewalt, Sexualität und politischen Belangen. Tarantinos »Django-Unchained« wurde erst in der Brutalität gemindert, dann trotzdem nicht gezeigt und kam deutlich verspätet und drei Minuten kürzer in die kommunistischen Kinos. Solch ein Ungemach mag natürlich niemand, und sich auf gut Glück in die 34 erlaubten Filme einreihen zu wollen, ist kein sinnvolles Geschäftsmodell. Viel klüger ist es deshalb, sich die Regeln zurecht zu biegen, denn wenn eine bestimmte Mindestanzahl Chinesen mitspielt, chinesische Drehorte oder Firmen auftauchen oder gar chinesische Firmen selbst ausreichend an der Produktion beteiligt sind, wird aus einem ausländischen Film ein einheimischer, zumindest für die Kontrollbehörde.
Und wenn Chinesen schon intensiv mitarbeiten, fällt es auch nicht so schwer, sich der Parteilinie beim Drehbuchschreiben unterzuordnen. So wurden es, in der Neuverfilmung von »Red Dawn« (2012), nachträglich Nordkoreaner statt Chinesen, die da böswillig ins Land einmarschierten, im Star-Wars-Film »Rogue One« spielen der einheimische Filmstar Donnie Yen als blinder Mönch sowie der Regisseur und Darsteller Jiang Wen als dessen Beschützer mit. Im letzten »Independence Day« retten Amerikaner und Chinesen die Welt, James Bond und die Transformers verschlägt es ins Land hinter der großen Mauer und Matt Damon wird verpflichtet, eben jene im Film zu verteidigen. Der Film floppte übrigens im Heimatland der Maurermeister – zu viel Kitsch und schlaffe Nebenfiguren, so die Begründung.
Produzent des Spektakels war der reichste Mann Chinas, Wang Jianlin, der nicht nur die amerikanische „Legendary Entertainment“ für 3,5 Milliarden Dollar gekauft hat (u.a. produzierte man dort Nolans drei Batman Filme), sondern auch ein eigenes Hollywood in der Hafenstadt Qingdao gebaut hat. Angeblich wurden 50 Milliarden Yuan (6,5 Milliarden Euro) in den Studiokomplex „Qiangdao Movie Metropolis“ investiert, die neue Kleinstadt hat eine Größe von 500 Fußballfeldern mit 30 hochmodernen Studios und einem eigenen Freizeitpark. Möglich also, dass unser Popcornkino demnächst direkt aus China kommt, der Parteilinie sollte das gefällig sein. Die US-Wirtschaft hängt seit Jahren am groß-asiatischen Kredittropf, in Afrika wird intensiv investiert und expandiert und in Europa, besonders Deutschland, wechseln unzählige Technologiefirmen den Besitzer in Richtung Osten. So mag Hollywood zwar vom großen Publikumszuwachs profitieren, doch geht der Transfer auch in die andere Richtung, weit breit gefächerter als nur über die Filmleinwand.
PS.: Vielleicht haben die Chinesen ja Interesse an „unserem“ wortgewaltigen Megastar Till Schweiger, inklusive seiner tollen Restaurants und Produktionsfirmen. Ich wäre nicht traurig, wenn er einfach ins Reich der Mitte weggekauft würde.
Moa Tse Pinselbube
Foto aus »Transformers: The Last Knight«, © Paramount