14. Februar 2017
Mein wunderbares Lieblingskino

Wenn ich jemanden wirklich gerne mag, lade ich ihn in die Schauburg ein. Der Fritz-Lang-Saal ist mein zweites Zuhause. Er ist sehr underground, es herrscht immer Dämmerung, der Weg zur Bar ist kurz. Tarkowski und Leone sind natürlich auch sehr okay, schon weil auf der halben Treppe ein vergilbtes »Halbe Treppe«-Filmbild an der ollen Barfront klebt. Ich zwinkere Thorsten Merten immer zu, wenn ich vorbei gehe.
Es gibt viele Gründe, die Schauburg zu mögen. Sie ist schön, sie ist schön alt, eine wahre Zeitkapsel. Sie kommt ohne 3D und Pärchensitze aus. Das Gestühl ist beeindruckend runtergerockt, es hat etwas leicht Dystopisches. Wenn Kurzfilmfest ist, sieht auch der rote Teppich vor dem Eingang so lässig aus, als habe ihn jemand versehentlich dort liegen lassen. Die Atmosphäre in der Schauburg ist stets entspannt, egal wie voll oder leer der Laden ist und ich habe noch nie Leute getroffen, die ich nicht hätte treffen wollen.
In der Schauburg habe ich zumindest gefühlt alle Tarantinos gesehen, die meisten Wes Andersons und ganz viel Andreas Dresen. Es gibt Filme, die kann ich nur in ganz bestimmten Kinos gucken, Paolo Sorrentino zum Beispiel geht nur im Programmkino Ost. Keine Ahnung warum. Für südosteuropäische Filme wiederum ist das Kino im Dach die richtige Wahl.
Aber wenn ich jemanden sehr gerne mag, wie gesagt, dann muss es die Schauburg sein.
Ich war mit dem Lieblingswaldkindergärtner da, mit dem gut gelaunten Zahnarztnachbarn, der besten Theater- und der liebsten Schulfreundin. Der Zahnarzt schlief ein bei »Inherent Vice«, die Theaterfreundin stieg fast aus bei »Wild Tales«.
Mit dem Vater habe ich hier »Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand« gesehen, mit dem zehnjährigen Sohn »Boyhood«. Er war sehr stolz. Weil er das einzige Kind in der Vorstellung war. Und weil der Soundtrack Klasse hatte. In seiner Freude erzählte er mir die Geschichte eines Namensirrtums. Über einen Zeitraum von ungefähr sechs Jahren, in denen er hier regelmäßig Filme sah, vom »Mondbär« bis hin zu »Boyhood« also, hatte er angenommen, die Schauburg heiße Schaumburg. Das war für ihn eine ganz klare Sache. Weil das Gebäude aussieht wie aus Bauschaum gebaut. Wer sich Zeit nimmt und die Schauburg darauf hin mal in Ruhe von außen betrachtet, sieht, da ist was dran. Vielleicht ist Porösität der richtige Begriff dafür. Irgendetwas in dieser Art meinte der Sohn jedenfalls, als er Schaumburg verstand. Schauburg hingegen, wie vordergründig, wie langweilig. So mischte sich die Freude über einen besonderen Filmabend mit der Enttäuschung über einen banalen Namen. Ein denkwürdiges Kinoereignis.
Der Tochter hingegen, dem jüngeren Kind, waren und sind Benennungen völlig wurscht. Sie wurde früh ins Kino geschleppt, in einem Lebensalter, in dem man die meisten Filme eh verschläft. Später war die Kinolino-Kinderfilmfest-Zeit immer die beste, wegen der Nüsse. Nach jedem gesehenen Film darf man eine Abstimmungsnuss in den Pappkarton für gute oder schlechte Filme tun. Am allerbesten sind die goldenen Nüsse. Und weil Nüsse versenken Spaß macht, stimmte das Kind auch immer für und gegen den jeweiligen Film. Macht zwei Nüsse.
Die Schauburg war nicht das nächstgelegene, aber das erste Kino, in das meine Kinder allein gingen. Es gibt dort keine Popcorn- und Cola-Eimer, es gibt kleine Tüten und Glasflaschen. Mein Lieblingsbarkeeper ist etwas streng und sehr geradeaus, er nimmt sich immer Zeit für ein persönliches Gespräch. Wenn die Kids listig sein wollen und nach Energy Drinks verlangen, provozieren sie einen Schlagabtausch, der sich gewaschen hat.
Ab einem gewissen Alter wollen Kinder nur noch in Multiplexe gehen, wegen 3D, Marvel und so weiter. Ich habe das zwei Jahre mitgemacht und dann heimlich, still und leise die Schauburg wieder eingeführt. Für den Dokumentarfilm über den deutschen Wald haben wir einen kleinen Picknickkorb an der Kasse und dem Lieblingsbarkeeper vorbei geschleppt. Das war verboten und deshalb spannender als 3D. Obendrauf lag zur Tarnung ein bisschen Schaum.
Es gibt viele Gründe, die Schauburg zu mögen. Sie ist schön, sie ist schön alt, eine wahre Zeitkapsel. Sie kommt ohne 3D und Pärchensitze aus. Das Gestühl ist beeindruckend runtergerockt, es hat etwas leicht Dystopisches. Wenn Kurzfilmfest ist, sieht auch der rote Teppich vor dem Eingang so lässig aus, als habe ihn jemand versehentlich dort liegen lassen. Die Atmosphäre in der Schauburg ist stets entspannt, egal wie voll oder leer der Laden ist und ich habe noch nie Leute getroffen, die ich nicht hätte treffen wollen.
In der Schauburg habe ich zumindest gefühlt alle Tarantinos gesehen, die meisten Wes Andersons und ganz viel Andreas Dresen. Es gibt Filme, die kann ich nur in ganz bestimmten Kinos gucken, Paolo Sorrentino zum Beispiel geht nur im Programmkino Ost. Keine Ahnung warum. Für südosteuropäische Filme wiederum ist das Kino im Dach die richtige Wahl.
Aber wenn ich jemanden sehr gerne mag, wie gesagt, dann muss es die Schauburg sein.
Ich war mit dem Lieblingswaldkindergärtner da, mit dem gut gelaunten Zahnarztnachbarn, der besten Theater- und der liebsten Schulfreundin. Der Zahnarzt schlief ein bei »Inherent Vice«, die Theaterfreundin stieg fast aus bei »Wild Tales«.
Mit dem Vater habe ich hier »Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand« gesehen, mit dem zehnjährigen Sohn »Boyhood«. Er war sehr stolz. Weil er das einzige Kind in der Vorstellung war. Und weil der Soundtrack Klasse hatte. In seiner Freude erzählte er mir die Geschichte eines Namensirrtums. Über einen Zeitraum von ungefähr sechs Jahren, in denen er hier regelmäßig Filme sah, vom »Mondbär« bis hin zu »Boyhood« also, hatte er angenommen, die Schauburg heiße Schaumburg. Das war für ihn eine ganz klare Sache. Weil das Gebäude aussieht wie aus Bauschaum gebaut. Wer sich Zeit nimmt und die Schauburg darauf hin mal in Ruhe von außen betrachtet, sieht, da ist was dran. Vielleicht ist Porösität der richtige Begriff dafür. Irgendetwas in dieser Art meinte der Sohn jedenfalls, als er Schaumburg verstand. Schauburg hingegen, wie vordergründig, wie langweilig. So mischte sich die Freude über einen besonderen Filmabend mit der Enttäuschung über einen banalen Namen. Ein denkwürdiges Kinoereignis.
Der Tochter hingegen, dem jüngeren Kind, waren und sind Benennungen völlig wurscht. Sie wurde früh ins Kino geschleppt, in einem Lebensalter, in dem man die meisten Filme eh verschläft. Später war die Kinolino-Kinderfilmfest-Zeit immer die beste, wegen der Nüsse. Nach jedem gesehenen Film darf man eine Abstimmungsnuss in den Pappkarton für gute oder schlechte Filme tun. Am allerbesten sind die goldenen Nüsse. Und weil Nüsse versenken Spaß macht, stimmte das Kind auch immer für und gegen den jeweiligen Film. Macht zwei Nüsse.
Die Schauburg war nicht das nächstgelegene, aber das erste Kino, in das meine Kinder allein gingen. Es gibt dort keine Popcorn- und Cola-Eimer, es gibt kleine Tüten und Glasflaschen. Mein Lieblingsbarkeeper ist etwas streng und sehr geradeaus, er nimmt sich immer Zeit für ein persönliches Gespräch. Wenn die Kids listig sein wollen und nach Energy Drinks verlangen, provozieren sie einen Schlagabtausch, der sich gewaschen hat.
Ab einem gewissen Alter wollen Kinder nur noch in Multiplexe gehen, wegen 3D, Marvel und so weiter. Ich habe das zwei Jahre mitgemacht und dann heimlich, still und leise die Schauburg wieder eingeführt. Für den Dokumentarfilm über den deutschen Wald haben wir einen kleinen Picknickkorb an der Kasse und dem Lieblingsbarkeeper vorbei geschleppt. Das war verboten und deshalb spannender als 3D. Obendrauf lag zur Tarnung ein bisschen Schaum.